Torben Rosenbohm

Freier Journalist aus Oldenburg

Was geht noch in dieser Saison? Die EWE Baskets vor (erneut) richtungweisenden Spielen

„Wir leben von einem Glauben, der unserer Gegenwart vorauseilt“, hieß es einst bei der famosen Hamburger Band Kante im wunderbaren Stück „Die Summe der einzelnen Teile“. Bevor an dieser Stelle ein ausschweifender Exkurs zu dieser leider seit vielen Jahren in einer Art Dauerpause verharrenden Formation vom Wesentlichen ablenkt, gilt es festzuhalten: Irgendwie erinnert diese Aussage an die momentane Situation bei den EWE Baskets Oldenburg.

Der Basketball-Bundesligist befindet sich in einer merkwürdigen sportlichen Gegenwart, während die Gedanken der Verantwortlichen einerseits und der Fans andererseits zu großen Teilen schon dort sind, wo sie vier Wochen vor dem Saisonhöhepunkt eigentlich nicht sein sollten: in der Zukunft. Die beschert den EWE Baskets schließlich ganz neue Perspektiven. Hermann Schüller, seit 30 Jahren an vorderster Front in der Verantwortung stehend, überträgt die Geschäftsführung an Christian Andresen und Srdjan Klaric. Hinzu kommt ein neuer Headcoach, über den wohl noch nicht offiziell entschieden wurde, wenngleich der Name Janis Gailitis, zuletzt Pokalsieger mit dem SYNTAINICS MBC, in den vergangenen Wochen auffallend oft genannt worden ist. Der Glaube daran, dass nach inzwischen einigen rumpeligen Jahren der Fahrstuhl wieder nach oben fährt, er lebt.

Viele Veränderungen

Und auch der Kader dürfte tiefgreifende Veränderungen erfahren, denn bei der Betrachtung der individuellen Leistungen in der laufenden Spielzeit kommt, bei allem Respekt, die Mehrzahl der Beteiligten nicht zwingend für eine Vertragsverlängerung in Betracht. Zudem dürften an denen, die positiv auffallen, andere nachhaltig zerren. Bestes Beispiel: Norris Agbakoko.

Der 25-Jährige hat sich zum Starter im Kader entwickelt, in den vergangenen fünf Spielen in der easyCredit BBL war er der Spieler mit dem höchsten Effektivitätswert – nicht nur innerhalb des Oldenburger Kaders, sondern ligaweit! Machen wir uns nichts vor: Wenn ein finanziell potenterer Club hier anklopft, werden die Oldenburger zwar versuchen können, den 2,18-Meter-Mann mit der Aussicht auf eine Zukunft als Rickey Paulding 2.0 und vielen warmen Worten an sich zu binden. Wenn aber beispielsweise ALBA BERLIN – und dem Hauptstadtclub wird ein solches Interesse nachgesagt – den Entschluss fasst, Agbakoko an die Spree zu locken, dann wird das mit großer Wahrscheinlichkeit auch gelingen.

Norris Agbakoko zeigte in den vergangenen Wochen starke Leistungen. Werden die Oldenburger ihn halten können? Bild: Ulf Duda/fotoduda.de

Zurück in die Gegenwart. Hier durften die Schützlinge von Trainer Mladen Drijencic nach den Siegen gegen Berlin und in Ludwigsburg mit einem Mal davon träumen, vielleicht sogar in das Rennen um einen Platz einzugreifen, der zur direkten Playoffteilnahme berechtigt. Zwei Spiele und zwei Niederlagen später, zunächst daheim gegen den SYNTAINICS MBC und dann in Bonn, finden sich die EWE Baskets wieder außerhalb der Play-In-Ränge wieder. Zugegeben: Im Klassement ist nach wie vor nicht alles, aber doch sehr vieles möglich, da das Mittelfeld in der laufenden Saison ein nahezu unüberschaubares Knäuel geworden ist. Zwischen Playoffs, Play-Ins und Saisonende liegen nur Nuancen; es wäre nicht überraschend, wenn es bis zum letzten Spieltag spannend bleibt.

In dieser Woche stehen entsprechend der knappen Ausgangslage erneut zwei richtungweisende Spiele auf dem Programm. Was gut einen Monat vor dem Ende der Hauptrunde auffällt: Es lässt sich kein Trend erkennen, der es einem ein klein wenig leichter macht, eine Erwartungshaltung an diese Begegnungen zu formulieren. Zuletzt schlichen sich in den optimistischen Denkansatz, bei ebenfalls strauchelnden Bonnern den dritten Auswärtssieg der Saison einfahren zu können, gleichzeitig die schon obligatorischen Zweifel ein, denn: Auswärts bleibt die Sache schwierig. Dass die Oldenburger bei den Telekom Baskets, die am Sonntag im Prinzip nicht übermäßig besser aufgelegt waren als die EWE Baskets, phasenweise mit satten 23 Punkten in Rückstand gerieten und Headcoach Drijencic zu einem fassungslosen Fazit trieben („… ohne Herzblut, Emotionen, Verantwortung und sehr oft ohne Fokus …“), fügte der langen Liste an Enttäuschungen in der Saison 2024/2025 eine weitere hinzu.

Angeschlagene Spieler

Und nun steht am Mittwoch das Gastspiel bei den SKYLINERS an, am Sonntag kommt der FC Bayern München nach Oldenburg. Möchten Geno Crandall & Co. mit Macht daran arbeiten, die Postseason zu erreichen? Dann müssen sie am Mittwoch gewinnen und sollten die Erinnerung an das groteske Pokalspiel stets vor Augen haben, als sie in einem denkwürdigen K.-o.-Spiel vom Aufsteiger aus Hessen teilweise blamiert wurden. Die Personalsituation ist nicht ideal: Eli Brooks wird erneut ausfallen, Max DiLeo plagte sich zuletzt mit Knie-, Seth Hinrichs mit Rückenschmerzen herum. Immerhin konnte Geno Crandall nach langer Verletzungspause wieder mitwirken, sein Rückstand war allerdings nicht übersehbar.

Was danach am Sonntag gegen den FC Bayern möglich ist, gehört noch in den Bereich des Kaffeesatzlesens. Denn die Münchner sind zunächst am Dienstag beim Topspiel der easyCredit BBL in Ulm gefordert, am Donnerstag folgt das letzte Hauptrundenspiel in der EuroLeague gegen Fenerbahce. Entsprechend reist die Mannschaft um die Weltmeister Gordon Herbert, Andi Obst, Johannes Voigtmann und Niels Giffey entweder als glücklicher Playoff-Teilnehmer der europäischen Königsklasse an oder aber als mutmaßlich personell aufs Minimum reduzierter Scheinriese, denn im Falle des Verpassens der ersten sechs Plätze wäre der amtierende Meister schon am kommenden Dienstag in den Play-Ins gefordert. Kaum vorstellbar, dass die Bayern in diesem Fall in Bestbesetzung in der EWE Arena auflaufen.

Was heißt das nun für die Restsaison? Es ist definitiv noch nicht zu spät, aus einer unrunden Saison eine erfolgreiche zu machen. Gerade angesichts der außergewöhnlich engen Tabellensituation sind massive Sprünge nicht ausgeschlossen. Das Team sollte diese Chance ergreifen, damit nicht auch die Allerletzten ihre Gedanken von der Gegenwart abwenden und sich endgültig den Spekulationen über die Zukunft zuwenden. Dass dann alles respektive vieles besser wird, auch dafür gibt es keine Garantie …


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Zu meinem Basketball-Background: Als wenig erfolgreicher Spieler hatte ich lange Zeit großes Interesse am aktiven Tun, allerdings beschränkt sich meine Liebe zu diesem Sport inzwischen auf die Besuche in den Hallen und Arenen und die entsprechende Arbeit an der Tastatur. Von 2004 bis 2014 habe ich die Medien- und Öffentlichkeitsarbeit der EWE Baskets Oldenburg geleitet, seitdem beschäftige ich mich mit dem Club im Speziellen und dem Basketball im Allgemeinen als freier Journalist – unter anderem als redaktioneller Mitarbeiter für die easyCredit Basketball Bundesliga, als gelegentlicher Experte am Mikro bei den EWE Baskets oder in diesem Blog. Was ich sonst noch so mache: hier entlang.


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