Torben Rosenbohm

Freier Journalist aus Oldenburg

Play-Ins erreicht: Die EWE Baskets hatten keine Chance – und griffen doch beherzt zu

Es wirkte wie ein Geschenk für Basketballfans. Der letzte Spieltag der regulären Saison in der easyCredit Basketball Bundesliga hielt acht Begegnungen bereit, in denen es für mindestens ein Team jeweils noch um etwas ging. Nach einer gehörigen Portion Dramatik und einer Phase des munteren Herumrechnens waren die Entscheidungen schließlich gefallen: Bayern München sicherte sich den ersten Platz, die Mannschaften aus Ulm, Braunschweig und Chemnitz gehen mit Heimrecht in die erste Runde, auch Heidelberg und Würzburg qualifizierten sich direkt für die Playoffs. In den Play-Ins bewerben sich Berlin, Weißenfels, Oldenburg und Rostock ab Dienstag um den nachträglichen Sprung ins Viertelfinale.

Moment mal – Oldenburg? Jener Club, auf den der Abgesang schon angestimmt war? Der auch an dieser Stelle den Autor dieser Zeilen dazu getrieben hatte, das Spieljahr 2024/2025 vorzeitig zu den Akten zu legen? Nennen wir den Sprung der EWE Baskets auf den Play-In-Zug zunächst einmal: verblüffend.

Es hatte ja durchaus einige Argumente gegeben, etwaige Postseason-Ambitionen entschlossen ins Reich der Fantasie zu jagen. Nach einem desillusionierenden Auftritt in Ulm und der damit einhergehenden fünften Niederlage am Stück schien die Mannschaft im April in Trümmern darnieder zu liegen. Der Abstand auf die Postseason-Plätze war immens, die Aussichten auf Besserung unsichtbar.

Vielleicht der Moment, in dem eben diese Aussichtslosigkeit dafür sorgte, dass sich mental etwas verschob.

In der Folge warf die Mannschaft von Trainer Mladen Drijencic vor allem den Offensivmotor in Sachen Punkteschnitt noch hochtouriger an, besiegte nacheinander Rostock (92:79), Göttingen (96:93) und Vechta (91:75) und justierte auch defensiv den einen oder anderen Ablauf höchst gewinnbringend, obzwar weiterhin Lücken offenbarend. Und am vergangenen Sonntag, als der Druck, zwingend siegen zu müssen, eben nicht zur Lähmung von Geist und Körper führte, legten die EWE Baskets beim 104:94 den Grundstein für eine unverhoffte Saisonverlängerung – und am Ende profitierten sie von einer Serie an glücklichen Ergebnisfügungen. Ludwigsburg verlor trotz zwischenzeitlich riesiger Führung noch in München, auch Rostock und Vechta patzten.

Mladen Drijencic und die EWE Baskets Oldenburg haben doch noch den Sprung in die Play-Ins geschafft. Bild: Ulf Duda/fotoduda.de

Konfettiregen, Play-Ins, Heimspiel am Dienstag: Der Sport an sich und der Basketball im Speziellen bleiben (angenehm) unberechenbar. Und nach vier Siegen in Folge darf die Saisonverlängerung nicht nur verblüffend, sondern verdient genannt werden. Eventuell öffnet sich ja zudem noch ein Türchen in Richtung europäischem Wettbewerb?

Offenkundig ist es Headcoach Drijencic gelungen, zuvor verborgene Potenziale bei seinem Personal zu wecken. Zuvor drohte den Niedersachsen immerhin die schlechteste Platzierung seit einer gefühlten Ewigkeit. Und so war es auch für den Trainer ein wichtiger Erfolg, denn nach den offiziellen Verabschiedungen auf dem Arenaparkett am Sonntag von Hermann Schüller als geschäftsführendem Gesellschafter, Regina Kulms als kaufmännischer Geschäftsführerin und Volker Widzgowski als langjährigem Moderator wäre beim Verpassen der Play-Ins die „Danke, Mladen“-Grafik gewiss schon vorbereitet gewesen und auch zum Einsatz gekommen.

Das Szenario, das sich nun abzeichnet, lädt schon fast wieder zum kleinen Überschwang ein. Die Oldenburger sind gegen ein abgekämpftes Team aus Rostock, das zuletzt unter den Folgen der vielen Langzeit-Ausfälle mehr und mehr zu leiden hatte, favorisiert; nicht zuletzt dank des Heimvorteils. Gelingt am Dienstag ein Sieg gegen die Gäste aus Mecklenburg-Vorpommern, bei denen der Ex-Oldenburger Robin Amaize nach langer Verletzungspause am Sonntag sein Comeback feierte, träfen die EWE Baskets am Donnerstag auf den Verlierer der Partie zwischen ALBA BERLIN und dem SYNTAINICS MBC. Favorisiert dürften hier die Berliner sein, ein Auswärtsspiel beim Pokalsieger in Weißenfels am Donnerstag wäre für Geno Crandall und seine Kollegen dann eine hohe (aber nicht unbezwingbare) Hürde.

Aus Sicht der Oldenburger könnte es aber auch zum reizvollen Schlagabtausch mit Pedro Calles kommen. Der war im November von den Verantwortlichen um Hermann Schüller von seinen Aufgaben bei den EWE Baskets entbunden worden. Kurz danach wechselte er in die Hauptstadt; zunächst als Assistent, dann wurde er doch Headcoach, als die Zeit von Israel Gonzalez vorzeitig beendet war. Nur zur Erinnerung: Die Playoff- und Play-In-Bilanz des Spaniers Calles ist eine spezielle. Nach dem umjubelten Halbfinaleinzug mit Vechta in der Saison 2018/2019 folgten: ein 0:3 in derselben Saison in der Runde der letzten Vier, ein 0:3 mit Hamburg 2021, ein 0:3 mit Hamburg 2022, ein 0:3 mit Oldenburg 2023 und eine Niederlage im Play-In-Spiel der EWE Baskets 2024.

Nachdem ich angesichts der Ereignisse vom Sonntag aber nachhaltig an meinem Basketball-Verstand gezweifelt habe, gebe ich mich keinen Illusionen mehr bezüglich etwaig verlässlicher Prognosen hin. Stattdessen soll es um die Frage gehen: Wie gelingt ein Sieg gegen Rostock?

Nun, im Grunde ist das ganz einfach. Die EWE Baskets müssen gegen die Mannschaft des polnischen Trainers Przemyslaw Frasunkiewicz mit derselben Einstellung an die Aufgabe herangehen, wie sie es in den vergangenen Spielen getan haben. Offensiv scheint der Motor momentan bestens geölt zu sein. Das liegt an einigen Faktoren, aus denen die folgenden herausstechen: Kapitän Crandall hat sich nach der Verletzungsauszeit und einer anschließenden Wackelphase deutlich stabilisiert, Justin Jaworski trifft bessere Entscheidungen als in manchen Saisonabschnitten zuvor (und muss vor allem nicht mehr regelmäßig den Ball nach vorn tragen), Artur Konontsuk hat sein Tief längst durchschritten – und nicht zuletzt zeigen die beiden deutschen Akteure Len Schoormann und Norris Agbakoko in großer Regelmäßigkeit starke (und spielentscheidende) Leistungen.

Für die Play-Ins lauten meine Tipps nun also: Kleiner Scherz, ich lasse es bleiben. Geht ohnehin schief.


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Zu meinem Basketball-Background: Als wenig erfolgreicher Spieler hatte ich lange Zeit großes Interesse am aktiven Tun, allerdings beschränkt sich meine Liebe zu diesem Sport inzwischen auf die Besuche in den Hallen und Arenen und die entsprechende Arbeit an der Tastatur. Von 2004 bis 2014 habe ich die Medien- und Öffentlichkeitsarbeit der EWE Baskets Oldenburg geleitet, seitdem beschäftige ich mich mit dem Club im Speziellen und dem Basketball im Allgemeinen als freier Journalist – unter anderem als redaktioneller Mitarbeiter für die easyCredit Basketball Bundesliga, als gelegentlicher Experte am Mikro bei den EWE Baskets oder in diesem Blog. Was ich sonst noch so mache: hier entlang.


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