Torben Rosenbohm

Freier Journalist aus Oldenburg

Kampf unter Brüdern, historische Leistungen und ein weiteres Do-or-die-Spiel: Geht die Serie der EWE Baskets weiter?

In der 15. Minute stand die Saison der EWE Baskets Oldenburg am Dienstag einmal mehr auf der Kippe. Len Schoormann hatte gerade einen eher unentschlossenen Versuch unternommen, den Korb zu attackieren, allerdings erwies sich das Unterfangen in diesem Fall als untauglich. Da sein Teamkollege Justin Jaworski von der gegnerischen Verteidigung gerade in der Ecke vergessen worden war, echauffierte sich der US-Amerikaner über den ausgebliebenen Pass.

Auf der anderen Spielfeldseite erzielten die ROSTOCK SEAWOLVES unmittelbar danach einen Dreier, steigerten ihren Vorsprung auf 36:27 und zwangen Trainer Mladen Drijencic zu einer Auszeit. Jaworski und Schoormann lieferten sich derweil zunächst auf dem Parkett ein Wortgefecht, auf dem Weg zur Bank gerieten die beiden auch körperlich kurz aneinander. Teamkollegen trennten schließlich die aufgebrachten Streithähne. Selbst als die Partie nach der Auszeit schon wieder fortgesetzt wurde, musste Schoormann anhaltend beruhigt werden.

In solchen Momenten können Spiele entgleiten.

Jaworski allerdings, der sich nach der Partie im Dyn-Interview als Auslöser des Disputs bekannte und dabei betonte, sich in der Halbzeitpause direkt bei Schoormann entschuldigt zu haben, schwang sich im Anschluss zum offensiven Anführer seiner Mannschaft auf und erzielte erstmals in seiner BBL-Karriere 40 Punkte (ein geschichtsträchtiger Abend, denn sein Gegenüber Bryce Hamilton kam sogar auf 45 Zähler). „Brothers fighting“, nannte Jaworski das alles zwischen ihm und Schoormann hernach; sie beide seien halt Spieler, die vor allem eines unbedingt wollen: gewinnen.

Und eben das klappte im zweiten Play-In-Spiel der Club-Historie, wenngleich Schoormann, der zwei Tage zuvor noch 26 Punkte gegen Chemnitz erzielt hatte, gänzlich ohne Zähler blieb. Die Oldenburger setzten sich in einem intensiv geführten und von den Referees mit einer dezidiert engen Linie begleiteten Do-or-die-Duell mit 95:83 gegen die ROSTOCK SEAWOLVES durch und sind jetzt nur noch einen Sieg vom Einzug in die Playoffs entfernt.

„Nur“ ist allerdings in diesem Zusammenhang eine nicht statthafte Umschreibung.

Janis Gailitis wird in Oldenburg noch immer als möglicher neuer Headcoach gehandelt. Bild: Ulf Duda/fotoduda.de

Am Donnerstag gastieren die Niedersachsen beim SYNTAINICS MBC in Weißenfels. Das Team aus Sachsen-Anhalt, um dessen Trainer Janis Gailitis sich anhaltend Gerüchte um einen Wechsel nach Oldenburg ranken, unterlag im zweiten Play-In-Spiel des Abends bei ALBA BERLIN mit 78:81. Somit fällt am Donnerstag die finale Entscheidung darüber, wer sich im Playoff-Viertelfinale mit Titelverteidiger Bayern München messen darf. Terminhatz inklusive: Schon am Samstag steigt in München die erste Partie im großen SAP Garden.

In der kleinen Stadthalle von Weißenfels, besser bekannt als „Wolfsbau“, treffen die EWE Baskets auf eine Mannschaft, die in der laufenden Saison über sich hinausgewachsen ist. Gewöhnlich ringt der Club aus dem Osten Jahr für Jahr um den Klassenerhalt in der easyCredit Basketball Bundesliga, nicht immer mit Erfolg, aber immer mit dem klaren Plan, nach Rückschlägen wieder aufzustehen.

2024/2025 ist vieles anders beim MBC. Der neue Headcoach Gailitis, der auch als Assistenztrainer seines Heimatlandes Lettland arbeitet, hat seine Spieler zu einer echten Einheit geformt und sie in der laufenden Saison fernab der prekären Tabellenplätze gehalten. Neben den starken Leistungen in der Liga ragte ein anderes Ereignis deutlich heraus: Vor eigener Kulisse setzte sich die Mannschaft im Pokalhalbfinale zunächst gegen den FC Bayern durch, im Finale wurden die Bamberg Baskets besiegt. Der Pokalsieg des SYNTAINICS MBC war zweifelsohne eine große Überraschung, aber auch verdienter Lohn für große Leistungen.

Am Donnerstag stehen sich nun eines der besten Heimteams und eines der schlechtesten Auswärtsteams der Spielzeit gegenüber. Der MBC hat in der BBL 13 von 16 Spielen vor heimischer Kulisse gewonnen, die EWE Baskets hingegen haben 13 von 16 Auswärtsbegegnungen in der Fremde verloren. Ob das die Gastgeber beim großen Showdown zum Favoriten macht, sei in einem Alles-oder-Nichts-Wettstreit einmal dahingestellt; die Oldenburger müssen allerdings zwingend ihre fast schon pathologische Furcht vor Partien in anderen Arenen zu den Akten legen. Wenn das nur immer so einfach wäre …

Dass die Weißenfelser zuletzt zehnmal am Stück im „Wolfsbau“ unbesiegt geblieben sind, mag als zusätzliche Illustration der Ausgangslage dienen.

Tyren Johnson (mit Ball) und der SYNTANICS MBC wollen sich gegen Oldenburg das Playoffticket verdienen. Bild: Ulf Duda/fotoduda.de

Auf die EWE Baskets wartet eine Schar an gefährlichen Gegnern. Topscorer ist Michael Devoe (15,8 Punkte pro Spiel), viel offensive Unterstützung erhält er von Spencer Reaves (14,1), Tyren Johnson (12,3), Ty Brewer (11,3), Charles Callison (9,9) und dem nachverpflichteten Eddy Edigin (9,2). Innerhalb ihrer Rollen liefern zudem Ivan Tkachenko, BBL-Legende John Bryant, Aleksa Kovacevic und Defensivspezialist Akeem Vargas wertvolle Impulse. Gegen seinen Ex-Club gern mitwirken würde auch Center Martin Breunig, doch der 33-Jährige laboriert an einer schweren Fingerverletzung und ist seit Februar zum Zuschauen verdammt.

Der SYNTAINICS MBC als Team, das eine starke Saison krönen möchte, gegen eine Oldenburger Mannschaft, die spät in der Saison in die Spur gefunden hat: Die Voraussetzungen für eine intensive Auseinandersetzung sind nicht die schlechtesten. Vermutlich setzt sich die Gruppe durch, die ihre Nerven am besten unter Kontrolle behält; nicht nur im Kampf mit den Gegnern, sondern auch im Ringen um den unbedingten inneren Zusammenhalt.

Eine Prognose? Nein, ich lasse das.


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Zu meinem Basketball-Background: Als wenig erfolgreicher Spieler hatte ich lange Zeit großes Interesse am aktiven Tun, allerdings beschränkt sich meine Liebe zu diesem Sport inzwischen auf die Besuche in den Hallen und Arenen und die entsprechende Arbeit an der Tastatur. Von 2004 bis 2014 habe ich die Medien- und Öffentlichkeitsarbeit der EWE Baskets Oldenburg geleitet, seitdem beschäftige ich mich mit dem Club im Speziellen und dem Basketball im Allgemeinen als freier Journalist – unter anderem als redaktioneller Mitarbeiter für die easyCredit Basketball Bundesliga, als gelegentlicher Experte am Mikro bei den EWE Baskets oder in diesem Blog. Was ich sonst noch so mache: hier entlang.