Torben Rosenbohm

Freier Journalist aus Oldenburg

Im Gespräch mit Charles Manning: „Es ist eine großartige Liga“

Im Sommer gaben die EWE Baskets Oldenburg die Verpflichtung von Charles Manning Jr. bekannt. Der US-Amerikaner, im Oktober 25 Jahre alt geworden, kam vom serbischen Club FMP Belgrad nach Niedersachsen; genau wie Teamkollege Ebuka Izundu. Mit seiner Physis verleiht er dem Oldenburger Spiel auf den Guard-Positionen eine neue Dimension und harmoniert bislang im Zusammenspiel mit Topscorer DeWayne Russell zumeist sehr gut.

In allen bislang acht Saisonspielen kam er von der Bank aus in die Partie und erzielte im Schnitt 16,5 Punkte sowie 3,5 Assists und traf dabei 47,8 Prozent seiner Würfe von der Dreierlinie.

Beim Interview im Club Center an der Maastrichter Straße sprach er über seine erste Saison in Europa, seine Situation in Oldenburg und seine Eindrücke von der easyCredit Basketball Bundesliga.

Charles, du lernst momentan einen durchaus typischen Oldenburger Herbst kennen. Wie gefällt dir die Stadt, wenn wir das Wetter mal kurz ausblenden? Und wie ist dein Eindruck von der Cluborganisation der EWE Baskets?

Ich mag Oldenburg sehr, es erinnert mich ein bisschen an meine Heimatstadt. Es ist zwar recht klein, aber es gibt genug zu erleben, wenn man rausgeht – man muss halt nur auch wirklich mal rauskommen. Du hast recht, an das Wetter muss ich mich noch ein wenig gewöhnen, aber im Großen und Ganzen ist es hier prima. Und zum Club: Das läuft alles hervorragend, sie unterstützen uns Spieler sehr. Alle möchten mithelfen, dass wir erfolgreich sind und einfach wir selbst sein können. Ich muss mir um nichts Sorgen machen, es ist wirklich alles sehr professionell.

Lass uns kurz auf deine Collegezeit zurückschauen. Die war grundsätzlich sehr erfolgreich, allerdings hast du auch Verletzungen erlitten und musstest zwischendurch mehrmals länger pausieren. Wie schwierig ist es, den Teamkollegen nur zuschauen und nicht mehr helfen zu können?

Das war sehr hart! Vor allem, wenn man eine wichtige Rolle im Team spielt und schnell wieder dabei mithelfen möchte, dass man gemeinsam erfolgreich ist und Spiele gewinnt. Man muss dann einfach hart arbeiten und alles dafür tun, rasch auf das Parkett zurückzukehren und gesund zu werden. Im College wurde ich tatsächlich viermal operiert, zweimal an jedem Fuß. Ich glaube nicht, dass mir das noch einmal passiert. (Manning klopft dreimal auf den Tisch) Man muss einfach alles dafür geben, um gesund zu bleiben – und die richtigen Dinge tun.

Du hast deine Profikarriere dann in Serbien begonnen. Wie schwierig war es, dich außerhalb deines Heimatlandes zurechtzufinden – auf und neben dem Court?

Es war ein großer Kulturschock für mich. Ich hatte keine große Ahnung von diesem Land, aber mir wurde sehr schnell klar, welch große Rolle Basketball in diesem Land spielt. Ich kam in eine sehr, sehr kleine Stadt, daran musste ich mich erst einmal gewöhnen. Aber alles, was mit Basketball zu tun hatte, war großartig. Alle lieben Basketball dort, außerdem hatte ich gute Teamkollegen um mich herum. Nach diesem Jahr ist mir klar: Für mich ist das eines der basketballverrücktesten Länder, in denen man in Europa spielen kann. Die Fans sind sehr stolz auf ihren jeweiligen Club, den sie dann absolut unterstützen.

Charles Manning Jr. bei der Arbeit, hier im Spiel gegen Ulm. Bild: Ulf Duda/fotoduda.de

Das kann man ja auch bestens erleben, wenn man in der Euroleague die Atmosphäre bei Spielen von Partizan oder Roter Stern sieht und hört. Nun spielst du in Oldenburg und bildest mit DeWayne Russell ein schlagkräftiges Duo, ihr gehört zu den effektivsten Guards der Liga. Hattest du schon vor Saisonbeginn ein gutes Gefühl, was eure Zusammenarbeit betrifft?

In der Preseason kam ich ja aus einer Verletzung und musste mich selbst erst einmal ein bisschen wieder zurechtrücken. Aber immer, wenn ich ihn spielen sah, auch schon im Trainingslager, wurde mir klar, dass wir uns sehr gut ergänzen können. Das sieht man jetzt ja, wobei ich sagen muss, dass das auch noch besser werden kann. Wir sind immer noch dabei, das Bestmögliche herauszufinden, aber ich liebe es, mit Weezy zusammenzuspielen. Er ist ein großartiger Spieler, ein echter Leader, eine Art Bruder. Er lehrt mich Dinge, die mir vorher noch nicht so klar waren, und hilft mir, ein besserer Spieler zu werden.

Konntest du ihn nach dem letzten Spiel gegen Vechta, als er keinen seiner 16 Wurfversuche traf, in irgendeiner Art aufrichten?

Am Ende des Tages ist Weezy auch nur ein Mensch. Da gibt es wirklich nicht viel, was man tun kann, um ihm nach einem solchen Spiel zu helfen. Das Einzige, was ich sagen kann, ist: bleib zuversichtlich! Wir glauben an ihn. Selbst wenn er mal eine solche Partie hat, schauen wir ihn ja nicht plötzlich mit anderen Augen an. Wir wissen ja alle, was er kann, und andererseits ist er kein Über-Mensch, dem so etwas nicht passieren kann. Das war nur ein Spiel. Und selbst, wenn das nächste auch so läuft: Er ist der Spieler, bei dem wir den Ball gut aufgehoben wissen. So etwas passiert! Es läuft nicht immer so, wie man sich das vorstellt. Weezy ist Weezy, auch wenn er beim nächsten Mal null von 20 wirft.

Wie ist dein Eindruck von der Qualität in der easyCredit BBL? Ihr habt schon gegen einen Euroleague-Teilnehmer gespielt, hattet Gegner, die einzig und allein in der Liga bleiben wollen, und musstest euch einem sehr starken Liga-Neuling geschlagen geben …

Es ist eine großartige Liga! Es geht sehr strategisch zu, deutlich mehr als bei meiner Station in Serbien zuvor. Die Taktik spielt eine sehr große Rolle. Das passt alles zu dem, was mir über die Bundesliga vorher berichtet wurde: Es gibt sehr unterschiedliche Spielertypen, unterschiedliche Mannschaften – mir gefällt das.

Momentan habt ihr zwei längere Ausfälle mit Brekkott Chapman und Alen Pjanic, dazu hat sich Max DiLeo verletzt und konnte gegen Vechta nicht mitspielen. Hinzu kommt, dass Kyle Foster nicht mehr Teil der Mannschaft ist. Wie schwierig ist es, mit diesen Dingen, die man persönlich nicht beeinflussen kann, umzugehen? Oder ist das schlicht Teil des Geschäfts?

Das trifft es schon ganz gut, es gehört zum Business dazu. Du darfst dich einfach nicht zu sehr auf die negativen Aspekte konzentrieren. Natürlich hätten wir die Jungs gerne zurück im Team, aber als Spieler können wir das eben nicht kontrollieren. Unsere Mentalität muss lauten: keine Ausreden! Nun sind die anderen gefordert, ich sage mal so: next man up! Wenn der Coach dich aufruft, musst du bereit sein. Dann müssen alle noch mehr geben, das ist nun einmal so.

Siehst du eine Gefahr, dass die Stimmung im Team getrübt werden kann, wenn ein Spieler wie Kyle Foster keine Rolle mehr spielt und nicht mehr zur Mannschaft gehört?

Keinesfalls. Wie eben erwähnt: Es ist Teil des Jobs. Man muss seine Gefühle einfach raushalten aus dem Sportlichen. Der Coach unterstützt uns und vertraut uns, wir müssen in guter Verfassung sein und uns auf das fokussieren, was wir beeinflussen können. Das ist das Wichtigste.

Der Club hat in Geno Crandall noch einen weiteren Guard verpflichtet. Wie schwierig ist es, einen Spieler zu integrieren, wenn die Saison bereits läuft?

Das ist schon sehr schwierig, aber er macht bisher einen guten Job. Alle helfen ihm und unterstützen ihn, erklären auch die kleinen Dinge. Geno nimmt das alles auf und versteht es sehr schnell. Alles in allem macht ihm das die Eingewöhnung leichter, und letztlich wird er auf einer Linie mit uns sein. Momentan geht das Schritt für Schritt und Tag für Tag. Er wird sich an das System gewöhnen. Er ist schon ein bisschen älter und kennt sich aus, er wird dem Team helfen.

Seine Verpflichtung könnte deine Rolle ein wenig verändern, beispielsweise im Hinblick auf den Ballvortrag. Auf den Guard-Positionen sind die EWE Baskets wirklich sehr tief besetzt.

Ganz sicher, aber damit habe ich nun wirklich kein Problem. Als Pedro mich nach Oldenburg geholt hat, sagte er mir, dass man mich zum Combo-Guard ausbilden wolle. Ich habe diese Herausforderung akzeptiert, und ich muss nicht immer den Ball in den Händen haben, um das Spiel zu beeinflussen. Das kann in verschiedener Form passieren. Es geht für mich beispielsweise auch darum, neue Wege zu finden, um zu punkten. Es kommt darauf an, dem Team dabei zu helfen, Spiele zu gewinnen – auf welche Weise auch immer. Sei es nun mit dem Ball oder abseits davon. Punkten, die richtigen Spots finden: all das.

Jeden Tag ein Prozent besser werden: Charles Manning Jr. hat volles Vertrauen in Headcoach Pedro Calles. Bild: Ulf Duda/fotoduda.de

Lass uns über deinen Trainer sprechen. Pedro Calles hat klare Ideen für die Offensive und die Defensive. Wie ist dein bisheriger Eindruck von ihm?

Ich liebe es, für ihn zu spielen. Ich habe ganz viel Respekt vor seiner Arbeit. Er möchte aus jedem Einzelnen das Beste herausholen und jeden besser machen – auf dem Parkett, aber auch abseits davon. Wir kommen sehr gut miteinander zurecht und ich vertraue ihm in dem, was er tut, vollkommen. Er macht uns klar: Wenn wir alles richtig angehen, dann werden Dinge funktionieren.

Denkst du, dass angesichts seiner Arbeitsweise noch mehr Geduld gefordert ist, was das Zusammenwachsen und Zusammenspiel betrifft? Pedro Calles betont ja immer wieder, dass man den zweiten nicht vor dem ersten Schritt durchführen kann.

Aber ganz sicher! Es ist eine sehr lange Saison, und wir wollen jeden Tag ein Prozent besser werden. Das ist Teil unserer Philosophie, unserer Teamkultur. Und um eine solche Identität aufzubauen, muss man Geduld haben. Das braucht Zeit. Wir müssen uns konsequent und kontinuierlich auf uns konzentrieren und entsprechend die Arbeit angehen. Und um das Beste aus uns herauszuholen, brauchen wir jeden. Das wird passieren, ganz bestimmt.

Gelegentlich wirkt es in eurem Spiel so, als käme die Offensive ins Stocken. Ist das mehr ein Problem der mangelnden Treffsicherheit oder ruckelt es im ganzen System noch zu oft?

Ich glaube, das betrifft beide Aspekte. Das geht doch Hand in Hand. Manchmal finden wir nicht die richtigen Positionen für einen guten Wurf. In manchen Spielen treffen wir dann einfach nicht. Wenn wir diese Dinge zusammenbringen: die richtigen Positionen finden und die Würfe treffen, dann sieht das anders aus. Ende Dezember, Anfang Januar: Das könnte so eine Zeit sein, in der wir ganz anders auftreten als momentan.

Was sind aus deiner Sicht die wichtigsten Dinge, die ihr als Team noch optimieren müsst?

Für uns als Team würde ich sagen: Defense! Da müssen wir noch mehr unserer Identität entsprechen, und das ganz konsequent. Auch die vielen kleinen Dinge berücksichtigen, das gilt selbstverständlich auch für mich selbst. Das hilft dir dann, um Spiele zu gewinnen. Und offensiv gibt es auch Verbesserungspotenzial. Wir müssen uns allen gegenseitig und natürlich auch unserem Spielsystem vertrauen.

Und bei dir selbst? Du deutetest das eben ja schon an.

Ja, die kleinen Sachen eben, vor allem in der Defensive. Vernünftig ausboxen, solche Dinge. Die das Spiel dann eben auch beeinflussen. Und offensiv muss ich Selbstvertrauen haben; darin, Punkte zu erzielen, und immer mit der nötigen Aggressivität hineinzugehen. Das ist für mich das Wichtigste: aggressiv bleiben. Da bin ich nicht in jedem Moment auf dem Level, das ich von mir selbst verlange, aber das kommt mit der Erfahrung und der weiteren Saison.

Gegen Vechta hatte man zuletzt den Eindruck, dass eben diese Aggressivität von der ersten bis zur letzten Minute praktisch allen ein wenig fehlte …

Ja, das stimmt, irgendetwas fehlte uns da. Wie soll ich es sagen? Die Dinge liefen nicht für uns. Weißt du, was ich meine? Würfe, die wir sonst treffen, fielen nicht. Da waren dann viele Dinge dabei, die wir nicht richtig kontrollieren konnten. Und man kann dann auch noch so aggressiv sein: Wenn die Würfe einfach nicht fallen wollen, wird es sehr, sehr schwer.

Gegen Vechta und seinen Leader Tommy Kuhse erlebten die Oldenburger einen Rückschlag. Charles Manning Jr. bringt das nicht aus der Ruhe. Bild: Ulf Duda/fotoduda.de

Kommende Woche spielt ihr gegen Oostende. Wie wichtig sind dir die Spiele in der Champions League?

Ich empfinde sie als sehr bedeutend, und das sind sie auch für alle anderen Spieler und die Coaches. Ich selbst habe noch nicht international gespielt, von der Champions League hatte ich zuvor noch nie gehört. Es ist ein tolles Erlebnis, man sieht andere Städte und Arenen, trifft auf viele unterschiedliche Spielertypen. Ich lerne daraus viel und genieße es.

Zu guter Letzt: Am Sonntag spielt ihr beim nächsten Aufsteiger, bei den Tigers Tübingen. Was erwartest du vom Gegner? Die haben zuletzt auswärts in Braunschweig gewonnen – und zu was Liga-Neulinge in der Lage sind, habt ihr gegen Vechta erfahren dürfen.

Um ehrlich zu sein: Bis heute, also Donnerstag, haben wir uns mit Tübingen selbst noch nicht intensiv befasst. Daher kann ich dir zumindest jetzt noch nicht viel dazu sagen, was ich vom Gegner erwarte. (lacht) Aber was klar ist: Sie werden rauskommen und uns alles abverlangen. Wenn wir aber dasselbe tun und unseren Basketball spielen, dann werden wir die Partie gewinnen. Wir müssen uns auf uns konzentrieren.

Eine Frage dann doch noch: Waren die Spiele gegen München und Ulm die besten, die ihr bislang bestritten habt? Wenngleich ihr euch gegen Ulm nach Verlängerung geschlagen geben musstet.

(überlegt lange) Nun. Mir fällt es schwer, über eine Niederlage als eines der besten Spiele zu sprechen, aber grundsätzlich waren das wohl die besten Begegnungen. Gerade auch aufgrund der tollen Atmosphäre in der Arena und der Energie, die von den Rängen kam.


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