Mit fast 1,9 Millionen Einwohnern ist Hamburg hinter Berlin (3,8 Millionen) und vor München (1,5 Millionen) die zweitgrößte Stadt Deutschlands. Doch während die Nummer eins und drei in diesem Klassement in Sachen Basketball tatsächlich den Ton in Deutschland angeben, sucht man in der Hansestadt noch nach dem Schlüssel zum Emporklettern auf diese Entwicklungsstufe; (Stadt-)Größe garantiert also noch keine (Basketball-)Größe. Die elementaren Herausforderungen auf dem Weg nach ganz oben lauten: Etat und Arena.
Die Veolia Towers Hamburg, am 28. April bei den EWE Baskets Oldenburg zu Gast, durften vor Kurzem einen runden Geburtstag feiern. 2014 waren die Towers dank einer Wildcard erstmals in der ProA, der zweithöchsten deutschen Spielklasse, in Erscheinung getreten. Damals und auch in den Jahren zuvor schon als wichtiger Antreiber und Vereinsgründer mit an Bord: Ex-Bundesligaspieler Marvin Willoughby, der auch heute noch als sportlicher Leiter und Geschäftsführer in zentraler Position sitzt.
Fünf Jahre lang spielten die Hanseaten in der ProA, bevor sie im Jahr 2019 den Aufstieg in die Bundesliga realisierten. Unter Regie des Headcoaches Mike Taylor hatten die Towers sportlich große Probleme in der neuen Spielklasse, bevor die Saison durch die Covid-Pandemie beeinträchtigt wurde. Hamburg nahm nicht an der abschließenden Spielrunde in der Bubble teil, musste sich aber um den Klassenverbleib nicht sorgen, da die Abstiegsregel kurzerhand außer Kraft gesetzt wurde.
2020 präsentierten die Verantwortlichen in Pedro Calles einen neuen Headcoach. Der Spanier, heute Trainer der EWE Baskets Oldenburg, führte die Hamburger zweimal in Folge jeweils als Tabellensiebter in die Playoffs, musste sich hier aber zweimal mit 0:3 geschlagen geben (2021 gegen ALBA, 2022 gegen die Telekom Baskets Bonn). Nach zwei Jahren entschied sich Calles, seinen Vertrag nicht zu verlängern und stattdessen nach Oldenburg zu wechseln.
2022/2023 konnten die Towers nicht an die beiden ordentlichen Calles-Jahre anschließen, trennten sich im Saisonverlauf von Raoul Korner und legten die Verantwortung in die Hände von Benka Barloschky, der früher auch kurzzeitig für den Oldenburger Turnerbund aufgelaufen war. Die Saison endete auf dem 15. Hauptrunden-Platz, in Sachen Infrastruktur verbuchten die Hamburger aber einen großen Fortschritt: 2023 wurde das neue Trainingszentrum eingeweiht.
In der laufenden Saison traten die Towers parallel zur easyCredit BBL im Eurocup an, hatten mit 2:16 Siegen allerdings keine Chance, sich am Rennen um die Playoffs ernsthaft zu beteiligen. In der Liga durften sich Barloschky und seine Spieler derweil über viele Wochen berechtigte Hoffnungen auf eine direkte Playoff-Qualifikation machen. Diese Lage hat sich deutlich verschlechtert: Mit einer Bilanz von 3:7 Siegen aus den vergangenen zehn Spielen sind die Hamburger bis auf Platz zehn abgerutscht und müssen zunehmend darum bangen, den letzten Play-In-Platz zu behaupten. Die Konkurrenz aus Bamberg und Braunschweig lauert auf weitere Niederlagen der Towers.
Die Oldenburger müssen am Sonntag auf einige Hamburger besonders achtgeben. Topscorer Aljami Durham etwa kommt im Schnitt auf 14,8 Punkte und trifft starke 42,2 Prozent seiner Versuche von der Dreipunktelinie. Auch Vincent King (13,6 Punkte), William Christmas (12,7, spielte in der Vorsaison bei den Artland Dragons in der ProA) und Center Aleksander Dziewa (12,3) sind in der Lage, ihre Gegner vor große Herausforderungen zu stellen. Der nachverpflichtete Brad Ivey hat sich in seinen bisher neun Spielen mit durchschnittlich 20:45 Minuten in die Rotation eingefügt, aus der Mark Hughes zuletzt gegen Ludwigsburg rausgefallen ist. Aber auch abseits dieser auffälligsten Offensivkräfte lauert im Team der Towers Qualität: Leif Möller, Nico Brauner, Jonas Wohlfarth-Bottermann, Lukas Meisner und Seth Hinrichs liefern wichtige Minuten und können durchaus spielentscheidenden Einfluss nehmen.
Vor einigen Wochen lieferten die Towers übrigens einen Beweis für das Potenzial ihres Projekts: Zum Geburtstagsspiel gegen den FC Bayern München (88:89 nach Verlängerung, Bild ganz oben: Ulf Duda/fotoduda.de) strömten 12.000 Zuschauer in die Barclays Arena. Grundsätzlich hoffen Willoughby & Co. auf eine neue Arena, wobei der geplante Elbdome aktuell in Hamburg infrage gestellt wird. So müssen die Towers, die zuletzt in Nexperia einen neuen Hauptsponsor präsentierten, weiterhin mit einer Maximalkapazität von 3.400 in der Inselpark Arena (vormals edel-optics.de Arena) vorliebnehmen.
Der Wunsch nach deutlich mehr Budget, mehr Zuschauerkapazität und damit mehr Größe bleibt vorerst: ein Wunsch.
Und die Oldenburger? Vor dem Gastspiel der Veolia Towers in der wohl zum 25. Mal in Folge ausverkauften EWE Arena hat sich die Ausgangslage deutlich verbessert. Die Rückkehr zahlreicher verletzter Akteure ermöglicht Trainer Calles eine große Rotation, die sich in Sachen Tiefe vor kaum einem Konkurrenten verstecken muss. Vier Siege in Folge gelangen dem Team in den vergangenen Wochen. Damit haben sich die Niedersachsen inzwischen bis auf den neunten Platz vorgekämpft, ein Sieg gegen die Towers wäre die Vorentscheidung im direkten Vergleich. Nicht ganz unwahrscheinlich übrigens, dass sich die beiden Nordrivalen im Play-In-Spiel dann noch einmal in der EWE Arena gegenüberstehen.
In der Liste der größten deutschen Städte rangiert Oldenburg übrigens laut letzter Zählung auf Rang 46. Größe ist halt doch nicht alles.
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Zu meinem Basketball-Background: Als wenig erfolgreicher Spieler hatte ich lange Zeit großes Interesse am aktiven Tun, allerdings beschränkt sich meine Liebe zu diesem Sport inzwischen auf die Besuche in den Hallen und Arenen und die entsprechende Arbeit an der Tastatur. Von 2004 bis 2014 habe ich die Medien- und Öffentlichkeitsarbeit der EWE Baskets Oldenburg geleitet, seitdem beschäftige ich mich mit dem Club im Speziellen und dem Basketball im Allgemeinen als freier Journalist – unter anderem für die easyCredit Basketball Bundesliga oder in diesem Blog. Was ich sonst noch so mache: hier entlang.