Torben Rosenbohm

Freier Journalist aus Oldenburg

Elf Freunde sollt ihr sein: Der Kader der EWE Baskets für die neue Saison

Die Sommerpause im Basketball wird in diesem Jahr nachhaltig durch die Olympischen Spiele in Frankreich versüßt. Während im Nachbarland der amtierende Weltmeister aus Deutschland versucht, die dritte Medaille in Folge einzusammeln, arbeiten die Verantwortlichen hierzulande eifrig an der Komplettierung ihrer Kader. In etwas mehr als sechs Wochen stehen schon die ersten Pflichtspiele auf dem Programm, wenn die erste Runde im BBL Pokal reizvolle Duelle inklusive Zweitliga-Beteiligung bereithält. Eine Woche später geht es dann auch in der easyCredit Basketball Bundesliga weiter.

Bei den EWE Baskets Oldenburg standen Geschäftsführer Hermann Schüller, der sportliche Leiter Srdjan Klaric und Trainer Pedro Calles in den Wochen nach dem enttäuschenden Saisonende vor einigen schweren Entscheidungen. Der Kader hatte nach einer Spielzeit voller verletzungsbedingter Ausfälle ein XXL-Format erreicht – 14 Profis standen schließlich unter Vertrag, und es war klar, dass die Liste der Abgänge weitaus größer sein würde als die der Neuen.

Gleich drei Akteure mit laufenden Kontrakten wurden nach und nach verabschiedet: Aufbauspieler DeWayne Russell, der Langzeitverletzte Charles Manning Jr. und Center Ebuka Izundu kamen bei neuen Arbeitgebern unter – Manning geht zukünftig für Napoli Basket in Italien auf Korbjagd, Russell heuerte bei Petkim Spor in der Türkei an und Izundu greift für Galatasaray Istanbul nach Rebounds.

Die Liste der weiteren Abgänge ist lang: Kenny Ogbe wechselt zu den Veolia Towers Hamburg, Lukas Wank schließt sich den FIT/One Würzburg Baskets an, Forward Deane Williams läuft zukünftig an der Seite von Manning für Napoli auf, und auch Brekkott Chapman und Chaundee Brown Jr. haben Oldenburg (mit noch unbekanntem Ziel) verlassen.

Sieger sehen anders aus: Nach der Niederlage gegen Hamburg war die Saison 2023/2024 für die EWE Baskets beendet, der Kader erfuhr in den Wochen danach einige Veränderungen. Bild: Ulf Duda/fotoduda.de

Acht Abgänge: Das klingt zunächst einmal nach einem Komplettumbruch. Allerdings ist die Vielzahl eben auch mit dem überdimensionierten Kader der Vorsaison zu erklären, aus dem immerhin sechs Spieler an Bord bleiben. Das ist nominell nicht die ganz große Kontinuität, aber doch ein stattlicher Kern an bekannten Gesichtern.

Bemerkenswert: Gleich vier deutsche Spieler blieben an Bord. Kapitän Max DiLeo soll auch zukünftig als emotionaler Leader in der Verteidigung vorangehen, Len Schoormann möchte seine positive Entwicklung der Vorsaison gern fortsetzen. Center Norris Agbakoko hofft gleichermaßen auf den nächsten Schritt und eine stabile Gesundheit, Flügelspieler Alen Pjanic soll erneut als Vorbild in Sachen Einsatz und Emotionalität gelten.

Wenn DiLeo konstant fit bleibt und Agbakoko ohne Blessuren durch die Saison kommt, ist dies ein ordentlicher Kern an deutschen Spielern. Der allerdings auf eine weitere Komponente fast zwingend angewiesen ist: einen deutschen Pass für Neuzugang Seth Hinrichs. Das Bemühen um ein solches Dokument hat schon während seiner Zeit bei den Towers in Hamburg begonnen. Da immer mindestens vier Deutsche im Spieltagskader stehen müssen, wäre es eine möglicherweise allzu gewagte Wette, allein auf das Quartett der Verbleibenden zu setzen.

Seth Hinrichs spielte in Hamburg bereits unter Trainer Pedro Calles, in Oldenburg gibt es nun ein Wiedersehen. Bild: Ulf Duda/fotoduda.de

Hinrichs bringt weder übermäßig ausgeprägte Athletik noch außergewöhnliche statistische Werte mit nach Oldenburg, sehr wohl aber eine tadellose Arbeitseinstellung und stets verlässliche Leistungen. Damit passt er gut zu seinem Positionskollegen Artur Konontsuk, einem der beiden aus der Vorsaison im Kader verbleibenden ausländischen Akteure. Auch der Este neigt nicht zum ganz spektakulären Gebaren und besticht durch solides Handwerk. Das Duo auf der Power-Forward-Position dürfte 2024/2025 mit Fleiß und Verlässlichkeit punkten. Für Flugeinlagen in Richtung Dyn-Top-Ten müssen andere sorgen.

Vielleicht ja Neuzugang Mathis Dossou-Yovo? Der Franzose bildet mit Norris Agbakoko das Center-Gespann, das mit großem Ehrgeiz das Territorium unter den Körben verteidigen soll. Der 2,05 Meter große 23-Jährige hat in seiner Heimat eine viel beachtete Entwicklung hingelegt, stieg erst mit Chalon in die erste französische Liga auf und zeigte auch auf höchstem nationalen Level im Kader von Saint Quentin Basketball gute Leistungen. Seine Physis dürfte dazu angetan sein, auch robustere Gegner vor Probleme zu stellen.

Eine Mischung aus neuem und bekanntem Gesicht gibt es auch auf der kleinen Flügelposition zu besichtigen, wenngleich hier eine gewisse Flexibilität zu betonen ist, die ein Ausweichen auf andere Spots erlaubt. Alen Pjanic hat sich nach über einjähriger Zwangspause kraftvoll zurückgemeldet und wird darauf brennen, wieder eine komplette Saison inklusive Vorbereitung zu bestreiten. Ihm zur Seite steht ein junger Mann vom College: Kyle Rode. Der US-Amerikaner ist vielseitig einsetzbar, Weggefährten bescheinigen ihm einen hohen Basketball-IQ. Die Verpflichtung eines Spielers für sein erstes Jahr als Profi birgt zweifelsfrei immer ein gewisses Risiko, doch nach allem, was man über den 2,01 Meter großen 24-Jährigen weiß, winkt den Oldenburgern hier ein überaus spannendes Projekt.

Fünf der elf Spieler aus dem Kader für die neue Saison sind auf den Guard-Positionen zu Hause: Geno Crandall, Justin Jaworski, Max DiLeo, Len Schoormann und Eli Brooks. Crandall war im November 2023 als Nachverpflichtung zu den EWE Baskets gestoßen, seine durchschnittlich 14,8 Punkte und 5,3 Assists pro Partie waren ein vorzüglicher Arbeitsnachweis und lieferten ausreichende Argumente, auch in Zukunft auf seine Qualitäten zu setzen. Aus Heidelberg verpflichteten die Oldenburger Verantwortlichen einen, der sein Heil ebenso entschlossen in der Offensive sucht: Justin Jaworski. Der US-Amerikaner hatte großen Anteil am Klassenverbleib der MLP Academics, im Schnitt kam er auf 19,5 Zähler.

Justin Jaworski half Heidelberg, die Liga zu halten – er setzt seine Karriere bei den EWE Baskets fort. Bild: Ulf Duda/fotoduda.de

Zu den beiden bewährten Kräften Max DiLeo und Len Schoormann gesellt sich Eli Brooks. Der 25-Jährige wurde zuletzt italienischer Zweitligameister, am College spielte er in Michigan mit den deutschen NBA-Profis und Weltmeistern Moritz und Franz Wagner. Möglicherweise sind sich die Oldenburger noch nicht vollständig im Klaren über seine Qualitäten, denn nach offiziellen Angaben statteten sie ihn zunächst nur mit einem Zwei-Monats-Vertrag aus.

Was ist nun von dieser Mannschaft zu erwarten? Nun: Das ist vorerst noch ein Lesen im Kaffeesatz. Eine seriöse Einschätzung dürfte erst nach einigen Pflichtspielen möglich sein. Die Mischung allerdings sieht auf dem Papier nach einer durchaus reizvollen Angelegenheit aus, vor allem Center Dossou-Yovo und College-Abgänger Rode bieten das Potenzial für echte Glücksgriffe. Eines darf man bei der Betrachtung dieser Elfer-Rotation nicht außer Acht lassen: Die Mannschaft ist „nur“ im BBL Pokal und in der easyCredit BBL gefordert, während elf (!) andere Clubs international antreten.

Erste zaghafte Erkenntnisse dürfte spätestens der Fan Day am 8. September gegen Hamburg liefern, am 14./15. September muss die Form im Pokalspiel beim Erstliga-Absteiger Tübingen dann schon auf Wettbewerbsniveau liegen.


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Zu meinem Basketball-Background: Als wenig erfolgreicher Spieler hatte ich lange Zeit großes Interesse am aktiven Tun, allerdings beschränkt sich meine Liebe zu diesem Sport inzwischen auf die Besuche in den Hallen und Arenen und die entsprechende Arbeit an der Tastatur. Von 2004 bis 2014 habe ich die Medien- und Öffentlichkeitsarbeit der EWE Baskets Oldenburg geleitet, seitdem beschäftige ich mich mit dem Club im Speziellen und dem Basketball im Allgemeinen als freier Journalist – unter anderem für die easyCredit Basketball Bundesliga, als Kolumnist für das Delmenhorster Kreisblatt oder in diesem Blog. Was ich sonst noch so mache: hier entlang.