Torben Rosenbohm

Freier Journalist aus Oldenburg

Nach Olympia ist vor der Bundesliga

Die Olympischen Spiele im Allgemeinen und das dortige Basketballturnier im Speziellen standen zuletzt deutlich im Fokus bei den Fans dieser Sportart. Die Clubs der easyCredit Basketball Bundesliga haben aber selbstredend nicht die volle Konzentration auf das Mitfiebern mit Dennis Schröder & Co. gerichtet, sondern kontinuierlich an der Planung der bevorstehenden Saison 2024/2025 gearbeitet.

Schon Mitte September sind einige Erstligisten wieder in Pflichtspielen gefordert, wenn die erste Runde im BBL Pokal acht Clubs aus der Beletage und genauso viele aus der zweitklassigen ProA zusammenbringt. Eine Woche später, vom 20. bis 22. September, stehen direkt die ersten Ligabegegnungen auf dem Programm; den Auftakt bestreiten der amtierende Meister FC Bayern München und Europe-Cup-Champion NINERS Chemnitz.

Etwas mehr als einen Monat vor dem Start in die neue Spielzeit wird das Bild vieler Kader deutlich klarer, die EWE Baskets Oldenburg beispielsweise haben ihr Personal schon komplett beisammen. Andere Teams benötigen noch Nachschub. Und während an dem einen oder anderen Standort die Headcoaches ihr Personal schon längst wieder zur Arbeit gebeten haben, geht es hier und dort erst jetzt wieder zur Sache.

Für etwaige Prognosen ist es tatsächlich noch deutlich zu früh, aber ein Blick auf das, was bei den 17 Teams so passiert, lohnt sich allemal. Ja, 17: Die Liga geht mit einem Vertreter weniger an den Start, da es zwar zwei reguläre Absteiger gab (HAKRO Merlins Crailsheim und Tigers Tübingen), aber nur einen Aufsteiger (SKYLINERS Frankfurt).

Was ging und geht wo? Der Versuch eines Überblicks.

Elias Harris (links) besitzt in München noch einen Vertrag bis 2026, der gebürtige Oldenburger Niklas Wimberg hingegen verlässt den Doublegewinner und wechselt nach Hamburg. Foto: Ulf Duda/fotoduda.de

Titelverteidiger FC Bayern München wartete mit der wohl am meisten beachteten Personalie dieses Sommers auf. Nein, damit ist noch nicht einmal der Abgang von Center Serge Ibaka gemeint, sondern ein von vielen gänzlich unerwarteter Wechsel auf der Position des Headcoaches. Der Spanier Pablo Laso verabschiedete sich nach nur einer Saison aus München und schloss sich Baskonia Vitoria-Gasteiz in seiner Heimat an. Unter den gehandelten Kandidaten für seine Nachfolge schälte sich mehr und mehr der Name Gordon Herbert heraus, und tatsächlich unterschrieb der Kanadier, der mit der deutschen Nationalmannschaft EM-Bronze und WM-Gold gewann, einen Vertrag beim FC Bayern. Das verlorene Spiel um Platz drei in Paris war seine letzte Partie für die DBB-Auswahl.

Der amtierende Meister wird, diese Prognose sei nun doch gewagt, auch 2024/2025 als Favorit auf den Titel ins Rennen gehen. Außerdem dürfte die Mannschaft, die in großen Teilen zusammenbleibt, in der Euroleague das unterdurchschnittliche Resultat der vergangenen Saison wettmachen wollen. An der Klasse des Trainers scheitert dieses Unterfangen wohl nicht, wenngleich Gordie Herbert drei Jahre lang nicht mehr als Club-Headcoach aktiv war. In Oscar da Silva schließt sich der nächste deutsche Nationalspieler dem FCB an, ein bekanntes Gesicht ist zudem Kevin Yebo, der ein ganz starkes Jahr bei den NINERS Chemnitz bestritten hat.

Bei der ligainternen Konkurrenz bedient sich auch ALBA BERLIN. Die Hauptstädter, in der Vorsaison im Finale den Münchnern unterlegen, lotsten den spielintelligenten Big Man Trevion Williams von Ulm an die Spree. Ansonsten sind die Berliner, bei denen weiterhin Israel Gonzalez an der Seitenlinie steht (und häufig sitzt), ein Vorbild in Sachen Kontinuität: Der Großteil der Spieler aus der vergangenen Saison trägt auch weiterhin das ALBA-Trikot. Nicht nur aus Berliner, sondern auch allgemein aus deutscher Basketballsicht ist der Abschied von Johannes Thiemann bedauerlich: Der sympathische Olympia-Teilnehmer und amtierende Weltmeister wagt den Sprung nach Japan.

Die international herausragende und national sehr gute Saison der NINERS Chemnitz basierte derweil auf echtem Teamwork, zur neuen Spielzeit wird Headcoach Rodrigo Pastore aber einige Veränderungen im Gesamtgefüge berücksichtigen müssen. Nicht nur Kevin Yebo, sondern auch Kaza Kajami-Keane, Ousman Krubally, Dominic Lockhart, Tylor Ongwae und Wesley van Beck gehen andernorts auf Korbjagd. Da die Chemnitzer zuletzt aber regelmäßig ein gutes Händchen bei neuen Gesichtern bewiesen haben, sollten die Verantwortlichen Antworten auf die personellen Herausforderungen finden. Aus der Liga kommen Eddy Edigin (Ludwigsburg) und Nicholas Tischler (Braunschweig), aus der ProA von RASTA Vechta II wurde Roman Bedime verpflichtet.

In gewisser Weise Opfer des eigenen Erfolgs wurden die Würzburg Baskets – die fortan als FIT/One Würzburg Baskets firmieren – unter der Regie von Trainer Sasa Filipovski. Mit bemerkenswerten Leistungen zählten die Franken zu den großen Überraschungen der Saison und warfen sogar Titelverteidiger ratiopharm ulm aus dem Wettbewerb. Erst im Halbfinale war Schluss, als eine Serie an Verletzungen den Kader gnadenlos reduzierte. Nach dem letzten Spieltag kam, was nahezu kommen musste: Andere Clubs griffen beherzt zu, die Leistungsträger Javon Bess, Otis Livingston II, Darius Perry und Isaiah Washington wechseln ins europäische Ausland. Filipovski steht nun vor der großen Aufgabe, ein neues Kollektiv aufzubauen. Dazu zählt unter anderem Lukas Wank, der von Oldenburg nach Würzburg gezogen ist.

Beim entthronten Champion ratiopharm ulm gab es im Sommer ebenfalls namhafte Abgänge. Während der Neu-Berliner Trevion Williams weiterhin in der Liga zu bewundern ist, zieht es Juan Nunez, Pacome Dadiet, Georginho de Paula und Robin Christen in andere Ligen und teils andere Länder; Dadiet erhielt sogar einen NBA-Vertrag (New York Knicks), während Aufbauspieler Nunez zum Euroleague-Club FC Barcelona geht. Die Verantwortlichen wurden mit Blick auf die Neuen unter anderem in der easyCredit BBL (Nelson Weidemann), in der G-League (Isaiah Roby) und – einmal mehr – in Brasilien (Marcio Santos) fündig. Stichwort Brasilien: Gleich vier Ex-Ulmer standen bei Olympia im Aufgebot der Südamerikaner.

Einen entscheidenden Tausch gab es außerdem beim Trainerposten: Anton Gavel wechselt zu den Bamberg Baskets, als Nachfolger präsentierte Ulm schon vor dem Ende der vergangenen Saison Ty Harrelson. Der US-Amerikaner kommt von …

RASTA Vechta und entsprechend mit der Empfehlung, in der Saison 2023/2024 Großes geleistet zu haben. Die Niedersachsen hielten sich von Anfang an aus dem nervenzehrenden Ringen um den Klassenerhalt souverän heraus und schafften den Sprung in die Playoffs. Der Erfolg von RASTA sprach sich natürlich rasch herum, entsprechend lockten einige Clubs mit Offerten. Bei den durchaus zahlreichen Abgängen ragt einer heraus: Tommy Kuhse, der nach Italien wechselt, hatte enormen Anteil am Höhenflug in Vechta.

An der Seitenlinie trägt fortan Martin Schiller die Verantwortung. Der Österreicher mit Euroleague-Erfahrung ist erstmals als Headcoach in der easyCredit BBL aktiv. Sein Auftrag: Neue und alte Gesichter zu einer Einheit verschmelzen und den Club als Erstligisten weiter etablieren. Schließlich haben die Verantwortlichen buchstäblich Großes vor: Eine neue Spielstätte mit bis zu 7.000 Plätzen ist kein Hirngespinst, sondern Gegenstand fundierter Pläne.

Bonns Trainer Roel Moors geht mit einer fast komplett neu aufgestellten Mannschaft in seine zweite Saison bei den Telekom Baskets Bonn. Bild: Ulf Duda/fotoduda.de

Noch konsequenter in der personellen Neuausrichtung gehen die Telekom Baskets Bonn vor. Die Liste der Abgänge löst zunächst einmal die Frage danach aus, wer überhaupt an Bord bleibt. Tatsächlich müssen sich die Fans auf dem Hardtberg (respektive Heartberg) an viele neue Gesichter gewöhnen, einzig Sam Griesel, Thomas Kennedy und Till Pape sind aus 2023/2024 bekannt. Trainer Roel Moors konnte mit seinem Team nicht an die überaus erfolgreiche Saison 2022/2023 anschließen, als die Telekom Baskets unter Tuomas Iisalo bis ins Finale der easyCredit BBL vorstießen und die Basketball Champions League gewannen. Zweimal griff der Club bei der nationalen Konkurrenz zu: Jonathan Bähre kommt aus Ludwigsburg, Bodie Hume aus Göttingen.

Bähre ist übrigens, wen kann es überraschen, nur einer von sehr vielen Spielern, die nicht mehr für die MHP RIESEN Ludwigsburg auflaufen. Nach der Rückkehr von Trainerlegende John Patrick wurde der Kader fast vollständig umgekrempelt, Verteidigungsspezialist Yorman Polas Bartolo und die beiden Patrick-Söhne Jacob und Jonathan gehören dem Team auch weiterhin an. Ex-RIESE Jonas Wohlfarth-Bottermann wurde aus Hamburg zurückgeholt, aus Braunschweig kommt Brandon Tischler, der erstmals ohne seinen Zwillingsbruder Nicholas auskommen muss.

Die Reihe der Clubs, bei denen eine fundamentale Neuausrichtung im Personal zu verzeichnen ist, setzt sich bei weiteren Vertretern aus dem Tabellenmittelfeld der Vorsaison fort. Auch die Veolia Towers Hamburg erhalten einen frischen Anstrich, Headcoach Benka Barloschky lockte unter anderem den in Oldenburg geborenen Niklas Wimberg an die Elbe, außerdem wechselt Kenny Ogbe von den EWE Baskets zu den Towers. Damit nicht genug: Auch Osaro Rich (Göttingen) und Benedikt Turudic (Bonn) kennen die Liga.

Unter anderem in Hamburg griffen unterdessen die EWE Baskets Oldenburg zu, denn Seth Hinrichs wechselte von den Towers nach Niedersachsen. Für den US-Amerikaner, der auf einen deutschen Pass wartet, ist es die dritte Station, bei der er mit Headcoach Pedro Calles zusammenarbeitet. Einen genaueren Blick auf den Kader der EWE Baskets, der bereits vollständig ist, gibt es in diesem Beitrag. Außerdem spricht Calles in diesem Interview über das neue Team.

Der Trend bei den Top Ten der Vorsaison ist recht eindeutig: Mit Ausnahme der Finalisten aus München und Berlin gibt es mehr oder minder stark ausgeprägte Neuausrichtungen. Prognosen zum Saisonstart macht das nicht leichter (in ein paar Wochen wage ich dennoch eine).

Stehen Olivier Foucart und seine BG Göttingen vor einer Saison zwischen Hoffen und Bangen? Der Franzose muss viele neue Spieler integrieren. Bild: Ulf Duda/fotoduda.de

Und auch bei den weiteren Clubs der easyCredit BBL heißt es zum großen Teil: Vieles neu macht 2024/2025. Einige Personalien ragen heraus: Gelingt Anton Gavel mit einem tiefgreifend veränderten Kader die Wiederbelebung einstiger Glanzzeiten bei den Bamberg Baskets? Wie machen sich die neuen Trainer Janis Gailitis (SYNTAINICS MBC), Danny Jansson (MLP Academics Heidelberg) und Przemyslaw Frasunkiewicz (ROSTOCK SEAWOLVES)? Und wie lange wird es dauern, Letztgenannten korrekt schreiben zu können, ohne vorher nachzuschauen? Wie gehen die Basketball Löwen Braunschweig und die BG Göttingen mit ihren vielen Neuzugängen um? Und nicht zuletzt: Was dürfen wir von Aufsteiger SKYLINERS Frankfurt unter Regie von Denis Wucherer erwarten?

Olympia ist (leider) vorbei, die neue Saison in der easyCredit BBL rückt (endlich) näher: Es kann wieder losgehen. Mal schauen, welcher Name in den Wochen bis zu den ersten Pflichtspielen noch an welcher Station auftaucht. Längst nicht überall sind schon alle Positionen besetzt.


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Zu meinem Basketball-Background: Als wenig erfolgreicher Spieler hatte ich lange Zeit großes Interesse am aktiven Tun, allerdings beschränkt sich meine Liebe zu diesem Sport inzwischen auf die Besuche in den Hallen und Arenen und die entsprechende Arbeit an der Tastatur. Von 2004 bis 2014 habe ich die Medien- und Öffentlichkeitsarbeit der EWE Baskets Oldenburg geleitet, seitdem beschäftige ich mich mit dem Club im Speziellen und dem Basketball im Allgemeinen als freier Journalist – unter anderem für die easyCredit Basketball Bundesliga, als Kolumnist für das Delmenhorster Kreisblatt oder in diesem Blog. Was ich sonst noch so mache: hier entlang.