Vor dem Start in die neue Saison der easyCredit Basketball Bundesliga hörte man in Oldenburg vor allem einen Wunsch regelmäßig: bitte nicht wieder so viele Verletzte! Nach der in dieser Hinsicht gruseligen Spielzeit 2023/2024, als phasenweise kein reguläres Training mehr realisierbar war, sehnten sich alle nach einer Saison, in der man sich wieder vollkommen auf die sportlichen Debatten konzentrieren kann.
Vor dem zweiten Spieltag steht fest: Diese Wunschvorstellung ist (vorerst) implodiert.
Nach dem guten Start inklusive souveräner Qualifikation für die zweite Runde im BBL Pokal und deutlichem Heimsieg gegen Heidelberg sieht sich Headcoach Pedro Calles vor dem Problem, dass er beim Abzählen der gesunden Spieler aus dem festen Kader fast mit einer Hand auskommt: Geno Crandall, Justin Jaworski, Len Schoormann, Seth Hinrichs, Aleksandar Zecevic und Mathis Dossou-Yovo bilden den Kern derer, die beim Auswärtsspiel in Berlin (28. September) zur Verfügung stehen. Das ist, vorsichtig formuliert, überschaubar.
Alle anderen: verletzt, angeschlagen, ausgebremst. Norris Agbakoko hat Knie, Eli Brooks ebenso, Artur Konontsuk zwickt es am Arm, Alen Pjanic ist umgeknickt, Kyle Rode hat nach einem Trainingsunfall ein Problem in der Schulter, Max DiLeo kämpft sich noch zurück in Richtung volle Belastung. Heißt: Neben Fritz Hemschemeier und Joel Harms dürften, sollte nicht einer der Genannten doch noch zur Verfügung stehen, noch weitere Youngster ihre Sporttasche für einen Berlin-Trip packen.
Bei allem Respekt vor der Tatsache, dass ALBA in Tim Schneider, Malte Delow, Gabriele Procida und Ziga Samar auch mindestens vier Ausfälle zu beklagen hat: Das Gastspiel in der Hauptstadt riecht streng nach einer „mission impossible“. Die Oldenburger reisen ohnehin nie als Favorit in Richtung Berlin, 7:34 lautet die Auswärtsbilanz in Pflichtspielen. Im März 2021 gelang beim 89:81 der letzte Sieg der Niedersachsen in der Millionenstadt.
Dabei befindet sich ALBA selbst in einer eher unkomfortablen Situation. Nicht nur die zahlreichen Spieler mit Blessuren sorgen für eine leicht eingetrübte Laune, schon die komplette Saisonvorbereitung war nicht dazu angetan, übertriebenen Optimismus zu entzünden. Trainer Israel Gonzalez resümierte nach dem 80:97 bei den Veolia Towers Hamburg: „Gratulation an die Hamburger. Sie waren 40 Minuten lang das bessere Team und konnten uns in allen spielwichtigen Kategorien schlagen.“ Was es aus Oldenburger Sicht bedeutet, auf ein ALBA nach einer schwachen Leistung zu treffen, erlebten sie in der Vorsaison: Da schoss sich Berlin mit 85:67 den Frust nach einer herben Schlappe gegen Maccabi Tel Aviv in der Euroleague von der Seele.
Beim Blick auf den Kader von ALBA fällt auf: Die allermeisten Spieler des Vizemeisters von 2023/2024 sind bekannte Gesichte. Einzig der Australier William McDowell White und der aus Ulm gekommene Trevion Williams wurden als neue Spieler addiert, während die Liste der Abgänge kaum länger ist: Johannes Thiemann, Sterling Brown und Kresimir Nicic stehen bei neuen Arbeitgebern unter Vertrag.
Im exquisiten Teilnehmerfeld der Euroleague dürfte es für die Berliner auch in der neuen Saison eng werden. Nach der verheerenden Bilanz in der abgelaufenen Spielzeit (5:29 Siege) geht es im Wettbewerb mit den besten Teams des Kontinents darum, eine bessere Ausbeute einzufahren. ALBA zählt nicht zu den Clubs, die sich in der Sicherheit einer A-Lizenz wiegen dürfen. Eine weitere Saison im Ausmaß von 2023/2024 würde die Aussichten auf einen Verbleib verringern. Die erste Partie steigt am Donnerstag, 3. Oktober, gegen Panathinaikos Athen.
In der easyCredit BBL zählt Berlin mit seinem tiefen Kader aber wieder zu den ersten Verfolgern des FC Bayern München, der – das muss man aus ALBA-Sicht zähneknirschend anerkennen – Schritt für Schritt zu enteilen droht. Mit jeweils starken Guards (Procida, Matteo Spagnolo, McDowell-White, Jonas Mattisseck, Matt Thomas, Martin Hermannsson, Samar) und viel Qualität auf den Flügeln und unter den Körben (Yanni Wetzell, Schneider, Louis Olinde, Khalifa Koumadje, Willams) sollten die Chancen für Berlin, sich um Hauptrundenplatz zwei zu bewerben, trotz der Auftaktniederlage nicht die schlechtesten sein. In Anton Nufer, Amon Dörries und Elias Rapieque, der in Hamburg rund elf Minuten ran durfte, stehen zudem hoffnungsvolle Youngster im Kader.
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Zu meinem Basketball-Background: Als wenig erfolgreicher Spieler hatte ich lange Zeit großes Interesse am aktiven Tun, allerdings beschränkt sich meine Liebe zu diesem Sport inzwischen auf die Besuche in den Hallen und Arenen und die entsprechende Arbeit an der Tastatur. Von 2004 bis 2014 habe ich die Medien- und Öffentlichkeitsarbeit der EWE Baskets Oldenburg geleitet (und beispielsweise hier über Mumbrús Anteil am Oldenburger Ausscheiden 2013 geschrieben), seitdem beschäftige ich mich mit dem Club im Speziellen und dem Basketball im Allgemeinen als freier Journalist – unter anderem für die easyCredit Basketball Bundesliga, als Kolumnist für das Delmenhorster Kreisblatt oder in diesem Blog. Was ich sonst noch so mache: hier entlang.