Hauptsache gewonnen! Das war wohl das passende Resümee aus Oldenburger Sicht nach dem Freitagabendspiel in der easyCredit Basketball Bundesliga gegen die Bamberg Baskets. Die EWE Baskets konnten sich zum neunten Mal in Folge vor heimischer Kulisse gegen den fränkischen Dauerrivalen durchsetzen, die 6.200 Zuschauer hatten in den 40 Spielminuten allerdings einen zähen Abend erlebt, der die Konfettischlangen nach der Schlusssirene nicht zwingend rechtfertigte.
Klar ist: Euphorie hat die Mannschaft im bisherigen Saisonverlauf noch nicht erzeugen können. Da gelang einerseits ein souveräner Erstrundensieg im BBL Pokal in Tübingen, andererseits erfolgte im Achtelfinale das schmerzhafte Aus in Frankfurt – inklusive zwischenzeitlichem 31-Punkte-Rückstand bei einem wahrhaft nicht übermächtigen Aufsteiger aus Hessen. Und auch in der Liga läuft es holprig: Hier steht unter anderem ein überzeugender Auftritt gegen Heidelberg in den Büchern, aber auch ein desillusionierender Abend in Berlin.
Ganz exklusiv haben die Oldenburger die anfänglichen Irritationen nicht für sich gepachtet. In der easyCredit BBL gab und gibt es reihenweise Überraschungen, verblüffende Tabellenstände und ein munteres Auf und Ab in den Leistungen. Allerdings erweckt es den Anschein, als würde im dritten Jahr unter dem spanischen Trainer Pedro Calles noch genauer hingeschaut als zuvor. Vor allem die horrenden Verletzungssorgen zum Saisonstart – auch aktuell sind bei weitem nicht alle Akteure in stabiler gesundheitlicher Verfassung – weckten böse Erinnerungen an die vorangegangene Spielzeit.
Wie stark ist der Kader tatsächlich?
Fünf Begegnungen müssen in der Liga als Bewertungsgrundlage herhalten, um die bisherigen Auftritte der im Sommer in Teilen neuformierten Mannschaft einzuordnen. Das Gefälle bei den Leistungen ist dabei durchaus beachtlich, und auch die bisher auffälligsten Akteure liefern neben Licht regelmäßig Schatten.
Der Blick fällt zunächst auf die Guards. Hier teilen sich drei bekannte und zwei neue Gesichter die Spielzeit, und es wird erneut deutlich, wie sehr Headcoach Calles auf seine kleine Garde setzt. Nach dem Abgang von DeWayne Russell in Richtung Türkei hat nun Geno Crandall das Ruder im Spielaufbau in der Hand. Crandall, in der Vorsaison einer von vier nachverpflichteten Profis, besticht durch ein umfangreiches Arsenal an offensiven Waffen. Wenn sein Wurf fällt, er im stimmigen Wechsel dazu den Weg zum Korb sucht und seine Augen für die Mitspieler offen sind, gehört der US-Amerikaner unbestritten zu den besten Spielern der easyCredit BBL.
Es gibt aber auch andere Tage. Da stimmen weder Wurfauswahl noch Konzentration, gegen Bamberg beispielsweise leistete er sich satte acht Ballverluste. Gelegentlich macht er aus seiner Unzufriedenheit mit seinen Kollegen keinen Hehl, derlei Gefühlsregungen sind für einen Kapitän mindestens ungewöhnlich. Ihm zur Seite stehen unter anderem Eli Brooks und Max DiLeo. Brooks kam im Sommer neu ins Team und erhielt zunächst nur einen befristeten Vertrag. Dass dieser nun bis zum Saisonende ausgedehnt wurde, ist allemal nachvollziehbar. Der 26-Jährige erwies sich bei seinen bisherigen Auftritten regelmäßig als belebendes Element und hätte seine Leistungen gern weiter verbessert, doch aktuell bremst ihn eine Verletzung vorerst aus. Für „wenige Wochen“, wie es seitens des Clubs auf Nachfrage heißt
Mit Pausen kennt sich DiLeo zu seinem Leidwesen ebenfalls aus. Zum Saisonstart musste er aussetzen, erst jetzt kehrte er ins Team zurück. Wenngleich er nur selten als großer Scorer in Erscheinung treten dürfte, liefert er eine XXL-Portion an defensivem Ehrgeiz und reißt auf diesem Wege seine Mitspieler mit. Eben das führt ihn aber auch immer wieder an seine Grenzen, gegen Bamberg bat er nach zweieinhalb Minuten japsend um eine Auswechslung.
Eine verlässliche Größe ist die Position des Shooting Guards – mit Einschränkungen. Zum einen geht die gute Entwicklung von Len Schoormann weiter. Der 22-Jährige besticht durch offensive Gefahr und defensive Energie, gegen Bamberg durfte er, obwohl nach Club-Angaben nicht angeschlagen, nicht einmal sieben Minuten auflaufen. Neuzugang Justin Jaworski wiederum liegt viel Wert auf das „Shooting“ in seiner Positionsbeschreibung, denn der aus Heidelberg nach Oldenburg gewechselte US-Amerikaner lebt definitiv von seinem Wurf. Da er den Korb oft trifft, führt er aktuell mit 17,2 Punkten die Scorerliste knapp vor Crandall (17,0) an. Beim offensiv rumpeligen Abend gegen Bamberg zielte er indes seine ersten acht Versuche aus der Distanz ausnahmslos daneben … Nach fünf Spielen lässt sich sagen: 35 Prozent Feldwurfquote sind in jedem Fall ausbaufähig, immerhin gönnt er sich 15,6 Versuche aus dem Feld pro Partie, die Effizienz muss besser werden.
Rollen von Rode und Zecevic immer kleiner
Knifflig wird es auf der kleinen Flügelposition, auf der auch Schoormann immer mal wieder zum Einsatz kommt. Theoretisch könnte das Gespann aus Alen Pjanic und Kyle Rode ein weiteres Prunkstück des Kaders darstellen, praktisch hakt es an der einen oder anderen Stelle. Pjanic als bewährte Kraft in Oldenburg ist nach wie vor ein enormer Faktor, wenn es um Energie und Engagement geht. Die Wirkung, die seine Dunks und die darauffolgenden Reaktionen im Publikum entfalten, ist nicht zu unterschätzen. Mit Pjanic kommen mehr Emotionen ins Spiel, einer der sogenannten weichen Faktoren, die in engen Spielen den Unterschied ausmachen können. Was hingegen noch kein Faktor ist, das ist seine Vorstellung von der Dreierlinie: Einer von sieben Versuchen landete im Korb. Eine Steigerung ist nötig, denn der Wurf aus der Distanz ist in Oldenburg unter Calles eine elementare Größe. Die 29,6 Versuche im Schnitt sind hinter Würzburg der zweithöchste Wert in der easyCredit BBL.
Und Kyle Rode? Der 24-Jährige kam direkt vom College nach Oldenburg und bestreitet seine ersten Schritte als Profi. Diese Umstellung gelingt den Debütanten bekanntermaßen in höchst unterschiedlicher Form. In welche Richtung das Pendel bei Rode ausschlägt, ist noch nicht ganz abzusehen. Seine Rolle wurde bei seinen bisher vier Auftritten im Trikot der EWE Baskets von Spiel zu Spiel kleiner; 19 Punkte gelangen ihm zum Auftakt in Berlin, wo er 33:27 Minuten auf dem Parkett stand. Es folgten 23:13 Minuten in Hamburg (3 Punkte), 08:09 gegen Ulm (0) und 07:09 (0) gegen Bamberg.
In der Vorsaison war es übrigens Namensvetter Kyle Foster, der eine solche Entwicklung hinlegte: In den ersten fünf Spielen rauschte seine Spielzeit in den Keller, nach zwei Scoring-Nullnummern war seine Zeit auf dem Parkett beendet, kurz danach wurde sein Vertrag aufgelöst. Eine solch drastische Entwicklung ist bei Rode aktuell nicht zu befürchten; die Verantwortlichen sollten alles daran setzen, sein Potenzial zu wecken. Seine Qualitäten konnte er allerdings bislang überwiegend nur andeuten.
Bei den Power Forwards ist das eingetreten, was ich im Juni angesprochen habe: Mit dem Esten Artur Konontsuk und Neuzugang Seth Hinrichs, der im Sommer einen deutschen Pass erhielt, verfügen die EWE Baskets über eine grundsolide Paarung, die nicht mit groben Ausschlägen auffällt. Vor allem die Spielintelligenz von Hinrichs und seine klaren Ansagen an die Teamkollegen verschaffen den Oldenburgern auf dieser Position eine verlässliche Qualität, die im weiteren Saisonverlauf eine hohe Bedeutung behalten dürfte. Da auch Pjanic hier problemlos aushelfen kann und Athletik mitbringt, dürfen Calles & Co. eher sorgenfrei auf diese Position blicken.
Gilt das auch für die Center? Nun: Wenn sie tatsächlich ohne Blessuren zur Verfügung stehen, können die Big Men ihren Beitrag zur Rotation leisten. Da Norris Agbakoko aber bekanntlich verletzungsanfällig ist und sein neuer Teamkollege Mathis Dossou-Yovo seit seinem schmerzhaften Sturz in Hamburg pausiert, müssen die Vierer und Youngster Joel Harms häufiger die Lücken auffüllen. Im Offensivsystem sind die Großen unter den Körben weiterhin vornehmlich dafür verantwortlich, Kräfte zu binden und Wege frei zu blocken, um den Guards offene Würfe oder ungestörte Wege zum Ziel zu ermöglichen. Und dann ist da ja auch noch der spät zum Team gestoßene Aleksandar Zecevic, der zuletzt allerdings analog zu Rode immer seltener berücksichtigt wurde und der seine Rolle in der Mannschaft augenscheinlich ebenfalls noch sucht.
Drei Spiele stehen den EWE Baskets nun noch ins Haus, bevor eine längere Pause im Spielplan folgt. Am 2. November geht es zum starken SYNTAINICS MBC, der am Wochenende den dritten Liga-Sieg in Folge feierte. Am 10. November ist das Team bei den NINERS Chemnitz gefordert, und am 16. November gastieren die SKYLINERS aus Frankfurt in Oldenburg. Auf den Punkt gebracht: Wollen die Oldenburger eine Art von Euphorie entfachen und den gar nicht so wenigen Kritikern etwas Wind aus den Segeln nehmen, dann sollten sie beide Reisen ebenso erfolgreich bestreiten wie die Pokal-Revanche gegen den Neuling. Ein 6:2-Siege-Saisonstart erhielte dann mit Recht das Etikett „gelungen“.
Dass Erfolge irgendwann qualitativ auch gern über das Prädikat „Hauptsache gewonnen!“ hinausgehen sollten, das ist dann noch einmal eine andere Diskussion.