Als Fan der EWE Baskets Oldenburg muss man sich in dieser Saison oft in Geduld üben. Auf den langen Sommer folgten nach dem Auftakt im Herbst zunächst zwei jeweils dreiwöchige Heimspielpausen, im Dezember wiederholte sich das noch einmal – und Ende Januar schloss sich die noch immer andauernde Unterbrechung für das TOP FOUR und das Länderspielfenster an.
Mal ehrlich: laaangweilig!
Erst nach dem nächsten Auswärtsspiel (und damit dem großen Schrecken der Oldenburger Anhängerschaft) in Heidelberg geht es am 8. März vor heimischer Kulisse gegen das Überraschungsteam aus Braunschweig weiter. Warten und nicht sehen: Es fällt durchaus schwer, eine echte Bindung zum Team aufzubauen, wenn es eher durch (unfreiwillige) Abwesenheit glänzt als durch regelmäßige Präsenz in der eigenen Arena. Zumal der Club an keinem internationalen Wettbewerb teilnimmt.
Immerhin: Im bisherigen Saisonverlauf hat die Mannschaft ihren Fans zu Hause zumeist große Freude bereitet. Acht von neun Spielen in der dauerhaft ausverkauften EWE Arena wurden erfolgreich bestritten, darunter sorgte zuletzt der starke Auftritt beim 97:92 gegen allerdings seit Saisonbeginn taumelnde Berliner für neue Hoffnung.
Während die EWE Baskets mit ihrer Heimbilanz ein Titelanwärter sein könnten, spricht das Abschneiden in der Fremde eher für einen Abstiegsplatz: Ein einziger Sieg gelang bei zehn Versuchen, zuletzt boten die Oldenburger in Bamberg eine rätselhafte Vorstellung beim 85:103, das phasenweise bei 30 Punkten Rückstand groteske Ausmaße angenommen hatte.

Nach den Siegen gegen Berlin und in Würzburg hatte sich das Gefühl eingestellt, dass sich der nach dem sechsten Spieltag zurückgeholte Headcoach Mladen Drijencic und die Mannschaft um Kapitän Geno Crandall nun endgültig aneinander gewöhnt haben könnten. Die Eindrücke aus dem Gastspiel in Bamberg allerdings sorgten für einen Rückfall. Jetzt, in der dreiwöchigen Auszeit ohne Pflichtspiel, stellt sich daher die Frage: Was ist in dieser Saison noch möglich?
Die Antwort darauf fällt alles andere als leicht.
Im Kader geriet im Januar noch einmal einiges in Bewegung. Nachdem zuvor schon College-Abgänger Kyle Rode Oldenburg vorzeitig verlassen hatte, wendeten sich auch Center Mathis Dossou-Yovo und der nachverpflichtete Ty Nichols neuen Aufgaben zu. Alle drei scheinen jeweils an anderem Ort ihren Platz gefunden zu haben: Rode geht für das G-League-Team im texanischen Austin auf Punktejagd und erzielte in den ersten 18 Spielen im Schnitt 11,2 Zähler, 39,7 Prozent seiner Dreier fanden dabei ihr Ziel. Dossou-Yovo kam in seiner französischen Heimat bei niemand Geringerem als dem EuroLeague-Club Paris Basketball unter; zweimal kam er bislang zum Einsatz, darunter im (verlorenen) Pokalfinale gegen St. Quentin (zwei Punkte in 17 Minuten). Und Nichols wechselte nach Polen, in Zielona Gora bekommt er das, was er in Oldenburg nicht bekam: Spielzeit. Nichols stand bei seinen ersten drei Spielen im Schnitt rund 34 Minuten auf dem Parkett – bei 15,7 Punkten und 7,7 Assists. Für den US-Amerikaner ist es übrigens bereits der dritte Club in dieser Saison.
Nach der Verpflichtung des senegalesischen Centers Mouhamed Barro und der Vertragsverlängerung mit Aleksandar Zecevic im Februar könnte jetzt also klar sein, mit welchem Personal die Oldenburger den Saisonendspurt in Angriff nehmen. Rollenverteilungen sind klar definierbar, jeder weiß um seine Aufgabe im bestehenden Konstrukt.
Weniger klar ist indes, wie die EWE Baskets mit der mentalen Herausforderung umgehen, die ihnen auch weiterhin auswärts bevorsteht. Denn mit der 1:9-Bilanz im Hinterkopf führen jeder Ballverlust, jeder Fehlwurf und jede knapp verlorene Aktion zu einem unterschwelligen Erschrecken: nicht schon wieder! Die bevorstehende Aufgabe in Heidelberg ist vor diesem Hintergrund doppelt groß, denn die MLP Academics haben bislang eine überaus ordentliche Saison hingelegt. Mit 10-8 Siegen stehen sie als Sechster immerhin auf einem direkten Playoffplatz; eine Region, von der die Oldenburger (9-10) bislang nur träumen konnten.

Und was ist nun tatsächlich noch möglich? Nun: zumindest theoretisch noch einiges. Die Liga ist außerordentlich ausgeglichen, Bayern als Erster hat schon fünf Niederlagen, den Vierten Vechta (11-8) und den 15. Bonn (8-11) trennen gerade einmal drei Siege. Damit es auch praktisch erfolgreicher wird als im bisherigen Saisonverlauf, sind aus Sicht der EWE Baskets mindestens die folgenden Faktoren wichtig:
- Die Oldenburger müssen sich in der Defensive steigern. 89,4 gegnerische Punkte markieren den zweitschlechtesten Wert (nur die designierten Absteiger aus Göttingen sind anfälliger). Das kann auf Dauer auch nicht die exzellente Offensive ausgleichen (die ebenfalls 89,4 durchschnittlichen Zähler sind Ligabestwert).
- Point Guard Geno Crandall, der ein berechtigter Anwärter auf den MVP-Titel sein könnte, muss besser auf den Ball aufpassen; 4,1 Turnover leistet er sich im Schnitt, kein anderer Profi der easyCredit BBL kommt auf mehr. Gelegentlich pendelt er zwischen Genie und Wahnsinn – mit zuweilen fatalen Folgen für das Spiel. Seine 14,3 Punkte, 7,7 Assists und 4,0 Rebounds machen ihn ansonsten zu einem der besten Akteure der Liga.
- Der offensivstarke Justin Jaworski muss ein noch etwas feineres Gespür für seine Wurfauswahl finden. 18,9 Punkte im Schnitt sind einerseits herausragend, andererseits gönnt sich kein anderer Spieler der Liga mehr Feldwurfversuche (15,1). Die Wurfquote ist mit 41,6 Prozent ausbaufähig.
- Last but not least: Die Oldenburger müssen auswärts mit einem anderen Selbstverständnis auftreten. Das ist naturgemäß leichter gesagt als getan; vor allem, wenn sich Niederlage an Niederlage reiht und der Kopf wie zuvor erwähnt Streiche spielt. Dennoch: Von der ersten Sekunde an gilt es, auch auf fremden Spielfeldern hellwach zu sein. Hier haperte es in der bisherigen Saison zu oft.
Was aus Fan-Sicht erfreulich ist: Die verbleibende Hauptrunde hält keine längeren Phasen ohne Auftritte vor heimischem Publikum mehr bereit, im recht konsequenten Wechsel zwischen Spielen daheim und auswärts kann vielleicht doch noch so etwas wie eine Bindung entstehen. Unter den Gästen in der EWE Arena sind reizvolle Namen: Überraschungsclub Braunschweig, Pokalsieger SYNTAINICS MBC oder der niedersächsische Nachbar aus Vechta. Sollte nach dem letzten Spieltag (am 11. Mai gastiert Chemnitz an der Hunte) allerdings die Saison beendet sein, hieße es wieder: viel Geduld aufbringen bis zur Spielzeit 2025/2026 (dann mit neuem Trainer, aber das ist noch einmal eine ganz andere Geschichte) …
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Zu meinem Basketball-Background: Als wenig erfolgreicher Spieler hatte ich lange Zeit großes Interesse am aktiven Tun, allerdings beschränkt sich meine Liebe zu diesem Sport inzwischen auf die Besuche in den Hallen und Arenen und die entsprechende Arbeit an der Tastatur. Von 2004 bis 2014 habe ich die Medien- und Öffentlichkeitsarbeit der EWE Baskets Oldenburg geleitet, seitdem beschäftige ich mich mit dem Club im Speziellen und dem Basketball im Allgemeinen als freier Journalist – unter anderem als redaktioneller Mitarbeiter für die easyCredit Basketball Bundesliga, als gelegentlicher Experte am Mikro bei den EWE Baskets oder in diesem Blog. Was ich sonst noch so mache: hier entlang.
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