Es war zwar nur ein kurzer emotionaler Ausbruch, allerdings waren dann doch einige Teamkollegen und der sportliche Leiter Srdjan Klaric notwendig, um einen aufbrausenden Alen Pjanic zu beruhigen. Der Flügelspieler war 69 Sekunden vor dem Ende der ersten Halbzeit im Spiel seiner EWE Baskets Oldenburg gegen die SKYLINERS aus Frankfurt in der easyCredit Basketball Bundesliga ausgewechselt worden; unmittelbar nach einem Fehlpass, den Max DiLeo mit einem spektakulären Ausflug auf den Tisch des TV-Teams noch zu erreichen versucht hatte – erfolglos. Pjanic lieferte sich in der Folge augenscheinlich ein intensives Wortgefecht mit Headcoach Mladen Drijencic, und man hätte durchaus gern gewusst, wie sich diese Aktion entwickelt hätte, wenn nicht andere zur Beruhigung herbeigeeilt wären.
Immerhin: Kurz danach gab es ein höfliches Abklatschen, und die Sache war offenkundig erledigt.
Die Partie gegen den Aufsteiger aus Hessen bot vor diesem außergewöhnlichen Moment wenig Bemerkenswertes, und auch in der zweiten Halbzeit wurde es zunächst nicht viel besser. Die wie schon beim Drijencic-Comeback in Chemnitz ohne die beiden Aufbauspieler Geno Crandall und Eli Brooks angetretenen Oldenburger taten sich phasenweise sehr schwer, gegen unbequeme Gäste Struktur ins Spiel zu bringen. Den Fans auf den Rängen, die das Geschehen interessiert, aber wenig euphorisiert zur Kenntnis nahmen, sahen sich mit zunehmender Spieldauer mit der wenig erquicklichen Aussicht konfrontiert, nach dem Pokal-Aus vielleicht zum weiten Mal gegen den Liganeuling den Kürzeren zu ziehen. Zur Erinnerung: Der irritierende Auftritt im K.-o.-Spiel hatte wesentlichen Anteil an der Demission von Pedro Calles.
Ein Schlüsselmoment für die schließlich doch noch gesteigerte Stimmung in der zum 32. Mal in Folge ausverkauften EWE Arena war dann eine Szene, an der – natürlich – Justin Jaworski beteiligt war. Der traf einen seiner fünf Dreier (bei 16 Versuchen), parallel/zuvor/danach (je nach Perspektive der Beteiligten) wurde Max DiLeo gefoult. Hernach eskalierte nach einer Bildschirm-Überprüfung der Aktion durch die Referees Denis Wucherer. Der kaum mehr zu bremsende Gästetrainer feuerte sein Taktik-Board auf das Parkett, tobte sich in Richtung Schiedsrichter aus und kassierte ein technisches Foul (ein zweites gegen ihn lag in der Luft), ebenso wie sein Spieler Ed Croswell. Das heimische Publikum war geweckt. Unter tosendem Applaus verwandelte Oldenburg vier Freiwürfe, aus einem Remis wurde eine Sieben-Punkte-Führung. Dass die Frankfurter den 73:80-Rückstand bis zum Ende der regulären Spielzeit in ein 83:83 verwandelten, war neben respektabler Widerstandskraft der Hessen auch der nach wie vor mangelnden Stabilität im Spiel der EWE Baskets geschuldet.
Die größte sportliche Geschichte des Abends schrieb in jedem Fall Justin Jaworski. Der 25-jährige Guard übernahm Verantwortung im Spielaufbau, ackerte unermüdlich an beiden Enden des Parketts und schulterte die Oldenburger Offensive fast im Alleingang. 29-mal versuchte er sich aus dem Feld, 14 Würfe fanden ihr Ziel: Seine 39 Punkte waren selbstredend Saisonhöchstwert, den Club-Rekord von Tyron McCoy (43) verfehlte er knapp. Zudem lieferte der US-Amerikaner auch noch elf Assists. Die herzliche Umarmung durch Headcoach Drijencic brachte zum Ausdruck, wem die EWE Baskets den ersten Sieg im zweiten Spiel nach der Rückkehr des Trainers an die Seitenlinie zu großen Teilen zu verdanken hatten.
Auch aufgrund der Länderspielpause haben die Oldenburger nun viel Zeit, um zunächst einmal zu regenerieren und sich im Anschluss auf die nächste Phase der Saison vorzubereiten. Erst am Freitag, 6. Dezember, geht der Pflichtspiel-Rhythmus weiter, wenn die Telekom Baskets Bonn zum Nachholspiel in Oldenburg antreten. Der neue und alte Trainer wird die Zeit nutzen, um der Mannschaft weitere Details seiner Spielphilosophie zu präsentieren. Wenn die verletzten Akteure Crandall und Brooks zurückkehren, wird sich noch mehr erweisen, wie Drijencic offensiv anzutreten gedenkt. Dass die beiden Rückkehrer in seinem Konzept eine wichtige Rolle spielen, dürfte angesichts ihrer Qualität außer Frage stehen.
Bei anderen sind allerdings Fragezeichen zu setzen. In erster Linie betrifft das die beiden Neuzugänge Kyle Rode und Aleksandar Zecevic. Schon unter Pedro Calles war deren Anteil zunehmend kleiner geworden, auch unter Drijencic hält sich ihr Einfluss sehr in Grenzen. Gelingt eine Integration in die neuen Ideen? Hat Zecevic eine Zukunft über die Dauer des Kontraktes hinaus? Der serbische Center steht aktuell nur bis Mitte Dezember unter Vertrag. Und: Wie werden sich grundsätzlich die Minuten in einem tiefen Kader unter dem neuen Trainer verteilen?
Eine nette Schlusspointe hielt das Heimspiel gegen Frankfurt übrigens noch bereit: Ausgerechnet Alen Pjanic war es vorbehalten, unter dem schließlich doch überbordenden Jubel von den Rängen die letzten sieben Punkte des Abends zu erzielen und den Oldenburgern einen gelungenen Abschied in die kurze Verschnaufpause zu bescheren. Die obligatorischen Konfettikanonen durften nach dem 102:92-Erfolg erneut gezündet werden, und das Scharmützel aus dem zweiten Viertel wurde kein großes Thema.
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Zu meinem Basketball-Background: Als wenig erfolgreicher Spieler hatte ich lange Zeit großes Interesse am aktiven Tun, allerdings beschränkt sich meine Liebe zu diesem Sport inzwischen auf die Besuche in den Hallen und Arenen und die entsprechende Arbeit an der Tastatur. Von 2004 bis 2014 habe ich die Medien- und Öffentlichkeitsarbeit der EWE Baskets Oldenburg geleitet (und beispielsweise hier über Mumbrús Anteil am Oldenburger Ausscheiden 2013 geschrieben), seitdem beschäftige ich mich mit dem Club im Speziellen und dem Basketball im Allgemeinen als freier Journalist – unter anderem für die easyCredit Basketball Bundesliga, als Kolumnist für das Delmenhorster Kreisblatt oder in diesem Blog. Was ich sonst noch so mache: hier entlang.