Torben Rosenbohm

Freier Journalist aus Oldenburg

EWE Baskets vor dem Fest: Auswärtsschwäche und fehlende Emotionen

Als die EWE Baskets Oldenburg Anfang November den spanischen Headcoach Pedro Calles beurlaubten und Rückkehrer Mladen Drijencic an den Platz zurückkehrte, den er von 2015 bis 2022 fast sieben Jahre lang innehatte, setzten die Verantwortlichen vor allem auf die Faktoren Veränderung und Emotion. „Neue Impulse“ seien grundsätzlich nötig, so Geschäftsführer Hermann Schüller. Der Basketball-Bundesligist stand im Moment des Wechsels mit einer Bilanz von 3:3 im Mittelfeld des Klassements und war zuvor krachend im BBL Pokal gescheitert.

Ziel des Clubs, so hieß es weiter, sei es, die Mannschaft „nicht nur am Ende einer Hauptrunde im oberen Drittel der Tabelle zu halten, sondern auch ein Wort in den Playoffs mitzureden“. An die Adresse von Drijencic ging dies: „Seine Aufgabe wird nun vor allem darin liegen, die Spieler emotional zu packen.“

Wer die Oldenburger am späten Nachmittag des vierten Advents bei ihrem Auftritt in München sah, konnte sich eines Eindrucks nicht erwehren: Die Bereitschaft des Trainers, die Spieler emotional mitzureißen, ist unbestritten. Die Frage muss allerdings lauten: Lassen sich die Spieler überhaupt mitreißen? Die dritte Niederlage im fünften Spiel unter dem neuen/alten Trainer säte durchaus relevante Zweifel.

Gewiss ist eine Reise zum FC Bayern schon per se keine einfache. Die Mannschaft von Weltmeister-Trainer Gordon Herbert ist tiefer besetzt als jede andere in der easyCredit BBL und liegt nicht zufällig in der Euroleague auf Playoff-Kurs. Allerdings hatten die Münchner vor dem Gastspiel der Oldenburger eine ausgesprochen intensive Woche im Kopf und in den Beinen: Sonntag in Rostock, Dienstag in Monaco, Freitag in Mailand – ein höchst anspruchsvolles Programm.

Die EWE Baskets allerdings traten in München merkwürdig zurückhaltend auf. Es war nicht zu spüren, dass die Akteure an ihre Chance glaubten. Dass die Bayern trotz aller Klasse in bestimmten Momenten verwundbar sind, zeigte vor Kurzem eine Heimniederlage gegen RASTA Vechta. Die Oldenburger Nachbarn waren davon überzeugt, dass sie dem scheinbar übermächtigen Gegner eine Wunde zufügen könnten und griffen beherzt zu, als sich die Gelegenheit tatsächlich bot.

Bei den Oldenburgern war davon wenig zu spüren. Weder funktionierten die Dinge im Teamverbund, noch wuchs irgendwer couragiert voranschreitend über sich hinaus. Geno Crandall konnte das mutmaßlich noch am wenigsten erledigen, denn der Point Guard absolvierte nach der Verletzungsunterbrechung sein erstes Spiel unter Mladen Drijencic. Seine zwölf Punkte und neun Assists waren einer der wenigen Lichtblicke. Wer zwischendurch in Richtung Bank der Oldenburger schaute, sah vor allem: ratlose Gesichter und eine Spur von Frust.

Es wäre nicht seriös, sportliche Apokalypse-Szenarien an den Horizont zu pinseln, allerdings gibt es doch ausreichend Grund zur Sorge. Da ist kurzfristig der anspruchsvolle Spielplan, der die EWE Baskets mit ihrer aktuellen 0:5-Auswärtsbilanz in der Liga am Freitag zu den stark aufgelegten Braunschweigern führt, bevor am Sonntag das Derby bei RASTA Vechta ansteht. Hinzu kommen personelle Fragezeichen. Die Minutenverteilung dürfte bei dem einen oder anderen zu gedämpfter Laune führen, außerdem bleibt es fraglich, ob beispielsweise Center Mathis Dossou-Yovo im Oldenburger Trikot den nächsten Schritt schafft. Auch Neuzugang Ty Nichols ist noch auf der Suche nach der passenden Rolle.

Für Trainer Mladen Drijencic ist die Aufgabe eine höchst komplizierte (und gleichzeitig undankbare), denn er hat einen Kader übernommen, mit dem er in der Zusammenstellung nichts zu tun hatte. Und der vermutlich mit den Ereignissen Anfang November schlicht nicht gerechnet hat. Die Spieler müssen nun fraglos liefern – und das über die vollen 40 Minuten, schon gegen Göttingen geriet die erste Viertelstunde zur Zitterpartie … Mit Blick auf den klar formulierten Anspruch auf einen Platz im oberen Drittel muss man konstatieren: Das wird alles andere als einfach, wenngleich sich die easyCredit BBL im laufenden Wettbewerb als schwer kalkulierbar erweist. Kurzfristig helfen jetzt wohl nur Siege, um nicht Gefahr zu laufen, dass sich zu den spielerischen Schwierigkeiten auch noch eine mentale Krise gesellt. Die Vorstellung, dass die Dinge mit einem Austausch des Übungsleiters praktisch automatisch besser werden, könnte sich als schmerzhafter Trugschluss erweisen.


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Zu meinem Basketball-Background: Als wenig erfolgreicher Spieler hatte ich lange Zeit großes Interesse am aktiven Tun, allerdings beschränkt sich meine Liebe zu diesem Sport inzwischen auf die Besuche in den Hallen und Arenen und die entsprechende Arbeit an der Tastatur. Von 2004 bis 2014 habe ich die Medien- und Öffentlichkeitsarbeit der EWE Baskets Oldenburg geleitet (und beispielsweise hier über Mumbrús Anteil am Oldenburger Ausscheiden 2013 geschrieben), seitdem beschäftige ich mich mit dem Club im Speziellen und dem Basketball im Allgemeinen als freier Journalist – unter anderem für die easyCredit Basketball Bundesliga, als Kolumnist für das Delmenhorster Kreisblatt oder in diesem Blog. Was ich sonst noch so mache: hier entlang.