Während in der easyCredit Basketball Bundesliga in den Playoffs der Deutsche Meister ausgespielt wird, ist die Saison für die EWE Baskets Oldenburg beendet. Als Neunter der Hauptrunde hatten die Niedersachsen den Sprung in die Play-Ins geschafft, waren aber nach einem Sieg gegen Rostock schließlich aufgrund einer Niederlage in Weißenfels ausgeschieden. Im ausführlichen Interview nach dem Saisonende spricht Srdjan Klaric, Geschäftsführer Sport, über die abgelaufene Spielzeit, die Suche nach neuen Spielern, den zurückgekehrten Headcoach Predrag Krunic und besondere Herausforderungen.
Srdjan, die Saison ist beendet. Wenn du sie auf den Punkt bringen müsstest: Wie lautet dein Fazit?
Es war eine sehr turbulente Saison. Angefangen mit den Spielerwechseln, die notwendig wurden. Es gab Kyle Rode, der zweifelsfrei ein Spieler mit einer sehr hohen Qualität ist, allerdings hat er in meinen Augen auf der falschen Position gespielt. Für mich war es von Anfang an Fakt, dass er kein Spieler für die Drei ist, sondern einer für die Vier. Dann gab es Mathis Dossou-Yovo. Ab einem gewissen Zeitpunkt in der Saison hat sich über seinen Agenten ein EuroLeague-Team gemeldet, das ständig Nachfragen stellte und einen permanenten Druck ausübte. Der Spieler hatte Schwierigkeiten, sich hier auf seinen Job zu konzentrieren. Wir haben alles versucht, ihn zu halten. Wir haben mit dem Agenten gesprochen. Wir haben mit Mathis gesprochen. Irgendwann war der Druck aus Paris so hoch, dass er nicht mehr in der Lage war, bei uns zu spielen. Dann gab es den Trainerwechsel. Wir sind Mladen sehr dankbar, dass er dem Club geholfen hat – und das in einem sehr schwierigen Moment. Das alles sorgt aber für Unruhe, man verliert seine Balance. Und gerade das ist wichtig: Man benötigt eigentlich einen Schutz rund um das Team, damit es gut arbeiten kann. Die Grundlage für Stabilität wurde wackelig. Und so ungern ich über Verletzungen spreche: Die kamen auch noch hinzu. Am Anfang der Saison waren alle Center angeschlagen, sodass wir Aleksandar Zecevic hinzugeholt haben. Dann kehrten die Big Men zurück, und die Point Guards verletzten sich. Das führte zur nächsten Nachverpflichtung. Die Rollen verteilten sich immer wieder neu; auch das ist ein Baustein, denn klare Rollenverteilung soll eigentlich für Stabilität sorgen. Es ist keine Entschuldigung, sondern nur ein Argument: Wir haben in der regulären Saison nur in zwölf Spielen mit beiden Point Guards gespielt. Wir sprechen hier von der wichtigsten Position im Basketball. Verletzungen gehören zum Sport, aber wenn es mehrere gleichzeitig auf einem Spot trifft, wird es schwierig. Und am Ende haben uns insbesondere drei Spiele um eine bessere Position gebracht: Bonn zu Hause, Rostock auswärts, MBC zu Hause. Das waren eigentlich gewonnene Begegnungen, die wir abgegeben haben. Dann würden wir jetzt über ganz andere Dinge sprechen …

War dir vor der Saison unterschwellig bewusst, dass ein schlechter Start sehr schnell zu einer lautstarken Debatte über Pedro Calles führen könnte?
Ja! Wir hatten eine überragende erste Saison mit Pedro, waren Vierter und standen im Pokalfinale. Und dann kamen die Playoffs – und die Mannschaft war leer. Die zweite Saison mit ihrer verrückten Verletzungssituation, teilweise nur noch mit sieben mehr oder weniger gesunden Profis, endete mit der Qualifikation für die Play-Ins. Und der letzte Eindruck vor einer Sommerpause, den wir da hinterlassen haben, war ein verlorenes Play-In-Spiel – auch noch in eigener Halle –, in dem es so aussah, als hätten wir es einfach weggeschenkt. Das alles hat zu negativer Energie, zu Sorgen, zu Frustration geführt. Dann gehen wir in eine neue Saison rein, und es fängt gleich mit Verletzungen an. Testspiele, in denen wir ohne einige Leistungsträger waren. Und die Art und Weise, wie wir im Pokal in Frankfurt oder wie wir in Weißenfels verloren haben, war enttäuschend. Selbst in einer Super-Situation wären die Niederlagen schmerzhaft, aber mit all dem Ballast, der sich schon angesammelt hatte, war das alles nicht mehr zu stoppen.
Faktisch habt ihr zum dritten Mal innerhalb von vier Jahren die Playoffs verpasst. Erhöht das den Druck auf die Verantwortlichen, sprich: auch auf dich? Zusätzlich zu dem Druck, den du dir ohnehin selbst machst. Im Profisport geht es am Ende immer nur um Ergebnisse.
Es gibt auch im Profisport Menschen, die ohne Druck leben. Da sind Spieler, die kommen auf das Feld und sind ganz locker. Ich selbst war als Spieler und als Trainer immer auf den absoluten Erfolg aus. Ich bin hier, um zu gewinnen. Das geht mir bis heute so: Was ich neben dem Parkett durchlebe, ist keine Schauspielerei. Wenn man so tief drin ist in diesem Sport, dann weiß man, wie viel Arbeit, Liebe und auch Frustration in allem steckt. Ich bin immer voll dabei: egal, ob da ein paar Tausend Menschen in der Halle sitzen, oder ob ich ein Testspiel ohne Zuschauer verfolge. Manchmal schaue ich mir die BBL-Spiele noch mal an, und dann wundere ich mich beim Blick hinter die Bande, wo ich mit einem Mal abgeblieben bin. (lacht) Also: Was bedeutet mir Druck? Ich versuche meinen Job so gut zu machen, wie es mir möglich ist. Ich gebe immer mein Maximum. Je höher man spielt, desto höher ist der Druck, logisch. Aber all die Kritik von außen kann mich gar nicht so sehr treffen wie die, die ich mir selbst gegenüber formuliere. Ich bin ein sehr selbstkritischer Mensch.
Hast du wieder etwas gelernt für die Auswahl an Spielern? Man muss festhalten: Die Neuzugänge haben teilweise überhaupt nicht funktioniert, nennen wir die angesprochen Rode und Dossou-Yovo.
Dazu muss ich kurz meinen Job erklären, sonst klingt die Antwort zu schablonenhaft, denn: Man lernt ja immer. Ich lerne auch von kleinen Kindern, wenn ich bei ihnen etwas Besonderes entdecke. Daher: Ich versuche, die Spieler zu verpflichten, die der Trainer sich wünscht. Kyle Rode beispielsweise war eine gute Verpflichtung, aber nur unter der Voraussetzung, dass er auf der Vier spielt. Der Job des Trainers ist es, den Spieler gemäß der eigenen Spielphilosophie passgenau auszuwählen und dann auch entsprechend einzusetzen. Es ist aber nicht mein Job, das zu bewerten, sondern das ist die die Aufgabe des Trainers. Ansonsten könnte ich das ja gleich mitmachen, und wir sparen uns ein Gehalt. Ich gebe natürlich meine Meinung ab, aber die Entscheidung trifft der Trainer. Weder Hermann Schüller noch ich haben jemals einen Trainer unter Druck gesetzt, einen bestimmten Spieler zu verpflichten. Zurück zu deiner Frage: Vielleicht sollte ich im Einzelfall noch mehr Druck ausüben, wenn ich ein schlechtes Gefühl habe. Aber: Dann mische ich mich in die Philosophie des Trainers und seinen Part ein, für den er bezahlt wird. In jedem vernünftigen Club kann kein Sportleiter oder Manager das letzte Wort haben. Das mag es geben, aber das sind dann Stationen, bei denen mehrmals pro Saison der Trainer gewechselt wird …

Du warst sportlicher Leiter und bist jetzt Geschäftsführer Sport. Was ändert sich an deiner Arbeit?
Als Hermann Schüller mir vor mehr als zehn Jahren den Job anbot, wünschte ich mir die Bezeichnung sportlicher Leiter. Sportdirektor klang für mich irgendwie zu sehr …
… nach Sparkassenleitung?
(lacht) Genau. Vielleicht irgendwie zu offiziell. Ich habe das Gefühl, ein Titel an sich ist für viele Menschen besonders wichtig. Das hat in meinem Leben nie eine Rolle gespielt. Als Student habe ich im Restaurant gearbeitet, um mich finanzieren zu können. Ich habe immer das gemacht, was gerade sinnvoll war. So wurde ich also sportlicher Leiter. Jetzt hat die Position einen anderen Namen, aber im Kern mache ich dasselbe wie vorher. Es ist schon eine Form der Anerkennung für das, was ich über all die Jahre hier im Club gemacht habe. Aber die Arbeit ist die, die ich zuvor auch schon erledigt habe. Das betrifft die bekannten Bereiche: die Profis, den Nachwuchs, all das, was die Baskets ausmacht. Allerdings hat sich das Maß an Verantwortung als Geschäftsführer verändert und ist größer.
Ist vorgesehen, einen sportlichen Leiter oder ähnliches in Zukunft zu installieren? Einige Fans äußerten diesbezüglich sogar die Vermutung, Predrag Krunic könnte dafür infrage kommen, wenn er nicht mehr Trainer der EWE Baskets ist.
Vielleicht müsste man mal ein Format finden, um alle zusammenzubringen, die dort über die Themen rund um die Baskets sprechen. (lacht) Ich schaffe es nicht, das alles zu verfolgen, aber man muss ja schon sagen: Das sind alles Leute, die sich leidenschaftlich mit dem Club befassen. Ich verstehe die Liebe, die sie für die Baskets aufbringen. Ich glaube, sie sollten sich gar nicht so viele Sorgen machen. Und einfach auch mal mehr genießen. Mir gefällt es beispielsweise, Basketballspiele zu schauen, mit denen ich nichts zu tun habe. Wo ich einfach nur den Sport an sich und die Gesänge auf den Rängen verfolgen kann. Also: Solange der Club mit meiner Arbeit zufrieden ist, stellt sich die Frage nicht. Und wir haben ja auch nicht ohne Grund die neue Doppelspitze mit Christian Andresen und mir installiert. Ich freue mich auf die Zukunft, nicht zuletzt auch im Nachwuchsbereich, in dem wir wichtige Arbeit leisten und auch weiterhin leisten müssen. Ich werde auch immer wieder gefragt: Warum haben wir keinen Jugendkoordinator? Ich bin überzeugt, dass wir den richtigen Weg eingeschlagen haben. Wir sind sehr gut aufgestellt und untereinander sehr gut verbunden. Es gibt einen ständigen Austausch.
Es ist ein Abgang mehrerer deutscher Spieler zu erwarten. Norris geht nach Berlin, Len möglicherweise nach Ulm, Alen wurde mit Würzburg in Verbindung gebracht. Man weiß nicht, wie es mit Max DiLeo weitergeht. Wie wollt ihr das lösen, auch wenn wir hier noch über viele Spekulationen sprechen? Immerhin wurde in Nicholas Tischler gerade der erste Neuzugang präsentiert.
Du hast es gut formuliert: Es sind in vielen Fällen Spekulationen, und wir beide reden hier und heute ausschließlich über Fakten. Es gibt ja auch viele Gründe, warum über bestimmte Dinge nicht gesprochen wird – Vertragsinhalte, Absprachen mit Spielerberatern, all das steckt dahinter, wenn wir zu manchen Dingen nichts sagen. Der Markt ist nicht einfach, und die Verpflichtung von deutschen Spielern war schon immer schwierig. Umso wichtiger ist es, gute Nachwuchsarbeit zu machen. Die Liga hat sich so entwickelt, dass inzwischen Clubs, die früher nicht so interessant für Spieler waren und auch nicht so gut bezahlen konnten, deutlich an Attraktivität hinzugewonnen haben; aus unterschiedlichen Gründen. Die Konkurrenz ist viel größer geworden. Nicholas Tischler ist nun eine Spielerverpflichtung, auf die wir alle sehr stolz sein können.

Ein Spieler, über den zuvor praktisch nicht online spekuliert worden ist …
(lacht) Auch darauf bin ich stolz, dass das keiner mitbekommen hat. Das war ein schneller Move. Er ist ein super Spieler und super Typ und wird perfekt zu uns nach Oldenburg passen. Zu der Art und Weise, wie wir Basketball spielen. Er gibt immer alles.
Joel Harms hat vor Kurzem auf Instagram einen Post abgesetzt, der nach Abschied klang. Er gehört aber doch zu einer Gruppe an Spielern, die einen Fördervertrag erhalten hat, oder?
(lacht) Das habe ich – wie so vieles online – gar nicht mitbekommen. Joel, den wir eben beim Gang durch die Trainingshalle ja auch gesehen haben, bleibt in Oldenburg. Er hat einen Vertrag über drei Jahre, in denen wir alles versuchen werden, ihn auf das nächste Level zu bringen.
Welche Auswirkungen haben die neuen Regeln in den USA für die Spielersuche insbesondere auf den deutschen Positionen? Jungen Talenten winkt bei einem Wechsel auf das College inzwischen das ganz große Geld.
Das ist ein riesiges Problem. Und das kann weder Oldenburg noch die BBL noch die FIBA in Europa lösen – sondern nur die FIBA als Weltverband. In Spanien beispielsweise haben sich Real und der FC Barcelona aus der Frustration heraus schon dahingehend geäußert, dass sie ihre Nachwuchsarbeit infrage stellen. Das sind ja selbst Clubs, die es gewohnt sind, in ganz Europa die besten Spieler abzufischen – und nun sehen sie sich plötzlich damit konfrontiert, dass sich große Talente abwenden und in die USA gehen. Und wenn solch große Clubs schon Probleme damit bekommen, was sollen dann die kleineren Ligen und kleineren Teams erst sagen? Es ist Wahnsinn, was jetzt abläuft. Und was da an Geld geboten wird! Vielleicht kann uns eine Art Draft-Lösung helfen? Dann bekämen die Clubs, bei denen die Youngster zuletzt gespielt haben, immerhin eine erhebliche finanzielle Kompensation.

Die Liga verliert zudem ihre vielversprechenden Gesichter, man nenne nur Sananda Fru, Hannes Steinbach oder Ivan Kharchenkov …
In kleiner Form waren wir das ja ohnehin schon gewohnt. Es ist ja eine durchaus übliche Entwicklung, schau dir Norris Agbakoko an. Wir haben viel investiert, er hat sich toll entwickelt nun kommt ein Großer, und wir können ihn nicht halten. Dennoch: Wir sind sehr stolz darauf, mit einem Jugendlichen, der vom Fußball kam, diese Entwicklungsschritte bis hin zu einem Top-Spieler in der Bundesliga gemacht zu haben. Das ist ein Beleg für unsere gute Arbeit im Nachwuchsbereich, und es motiviert uns, weitere Spieler an die Bundesliga heranzuführen. Möglicherweise kommt dann in Kürze ein noch Größerer, und auch ALBA muss ihn wieder abgeben. Aber vor dem neuen Hintergrund der Regelungen in den Vereinigten Staaten gehen die Spieler schon fort, bevor sie sich überhaupt bei uns in der Liga etabliert haben. Ein Hannes Steinbach hat in Würzburg wirklich nicht so viel verdient, in den USA wird das nun auf ein unglaubliches Level steigen. Für all das muss unbedingt eine Lösung gefunden werden. Es gibt keine rechtliche Handhabe. Vielleicht steckt auch dahinter, dass Spieler aus Europa in den vergangenen Jahren die NBA so geprägt haben. Es war ein Schlag ins Gesicht für die Amerikaner, und nun holen sie die Spieler in jungen Jahren und können hinterher sagen: Schau, sie kommen aus diesem oder jenem College-Programm. Von den Clubs, wo sie eigentlich ausgebildet wurden, ist dann gar keine Rede mehr.
Seit wann habt ihr euch mit einer möglichen Rückkehr von Predrag Krunic beschäftigt?
(lacht) Möchtest du ein genaues Datum samt Uhrzeit?
So weit würde ich nicht gehen. Aber Pedro Calles ist im November beurlaubt worden, und als Mladen Drijencic dann übernahm, war klar, dass er es nur bis zum Ende der Saison machen würde.
Dazu würde ich gern noch einmal etwas klarstellen, was den Bereich der Spekulationen betrifft. Als Mladen übernommen hat, haben viele gesagt: Das sei doch klar gewesen und schon bei der Rückkehr von ihm als Trainer im Nachwuchsbereich mit eingeplant worden. Das war nicht so! Im übrigen würde sich niemand hinstellen und zugeben, dass er da wohl falsch gelegen hat, wenn genau das nicht so eingetreten wäre. Eine Bemerkung noch: Die Rückkehr von Mladen sehe ich als erfolgreich an. Zurück zur Frage: Du kannst nicht im November sagen, was passieren wird. Wir hatten Zeit, keine Frage. Aber die möglichen Trainer standen ja zumeist noch unter Vertrag. Es gab viele Gespräche, auch mit anderen Kandidaten. Irgendwann hat sich diese Konstellation dann aber als realisierbar herausgestellt, und wir haben diese Idee weiter verfolgt. Predrag war Trainer in Japan, ich habe erst im März erfahren, dass er nicht dort bleibt. Wir waren in der guten Situation, dass wir recht offen agieren konnten, denn es war ja klar, dass wir mit einem neuen Trainer in die Saison gehen würden.
Wie begegnest du den kritischen Stimmen hinsichtlich seiner Verpflichtung? Als sein Name bekannt gegeben wurde, löste das – mit Verlaub – keine Euphorie aus. Es herrschte ein gewisser Tenor: Nun wiederholt sich Geschichte. Viele sprechen von der zu erwartenden engen Rotation und den Schwierigkeiten, die junge deutsche Spieler unter ihm bekommen könnten. Ausgeblendet wird dabei natürlich auch, dass er seit 13 Jahren nicht mehr Trainer in Oldenburg ist …
(lacht) Ich hätte eine ganz andere Antwort gegeben, wenn du nicht noch weiter ausgeholt hättest. Denn wenn sich Dinge unter ihm wiederholen: Das würde ich unterschreiben! Dann stehen wir mehrmals im Halbfinale, spielen EuroLeague und bekommen einen neuen Rickey Paulding. Predrag haben wir diese Club-Legende zu verdanken. Er hat damals in Bonn Rimantas Kaukenas in die Liga geholt, oder auch einen Aleksandar Nadjfeji. Also: Ja, lass uns all das gern wiederholen! Was die anderen Punkte betrifft: Es ist 13 Jahre her, dass er hier Headcoach war. Predrag hat viel gelernt in all der Zeit, ansonsten wäre er, wie viele andere Coaches, längst nicht mehr in diesem Job unterwegs. Bonn hat ihn zurückgeholt und das nicht bereut, dem MBC hat er zur bis dahin besten Saison verholfen. Ich muss damit leben, dass viele sich sehr auf das fokussieren, was man nicht richtig macht. Wir allerdings sind überzeugt von Predrag, das ist keine Entscheidung aus etwaiger Nostalgie. Seine Verpflichtung ist das Ergebnis tiefgreifender Überlegungen. Hier passten viele Argumente zusammen. Was ist unsere Kultur? Unsere Fans sind eher nicht verwöhnt, und sie verlangen nichts Überdrehtes. Sie wollen uns kämpfen sehen, wollen ein Team mit Leidenschaft erleben. Es muss eine Verbindung geben. Das wurde auch in dieser Saison bei den Heimspielen deutlich, da gab es diese Bindung. Für das, was die Leute erleben mussten, die uns zu den Auswärtsspielen begleitet haben, muss ich mich in vielen Fällen hingegen entschuldigen …

Kampf, Leidenschaft, Verbindung mit den Fans – markiert genau das die vielzitierte Club-Kultur?
Genau das. Und Spieler, die das verkörpern. Schau dir einen wie Artur Konontsuk an, ein ganz normaler Typ, ohne Allüren. Das lieben die Fans.
Welche Rolle wird Lazar Spasic einnehmen? Er scheint kein gewöhnlicher Co-Trainer zu sein, sondern ein Coach mit großen Ambitionen.
Lazar kommt zu uns als Assistenztrainer, das zur Klarstellung. Er hat seit Jahren eine großartige Entwicklung durchgemacht und war zweimal in Folge Trainer des Jahres in Serbien. Seinen guten Ruf hat er sich aber nicht nur durch sportliche Ergebnisse verdient, sondern vor allem dadurch, dass er Spieler besser macht. Er hat aus einem kleinen Etat sehr viel herausgeholt. Lazar holt immer das Maximum aus jedem heraus, und genau das zeichnet auch Predrag aus. Daher sehe ich die beiden als sehr gute Kombination an. Wie er sich entwickelt, werden wir erleben. Er wird uns auf jeden Fall helfen.
Du wirst dich mutmaßlich nicht auf eine Antwort festlegen, aber könnte Lazar Spasic der zukünftige Headcoach der EWE Baskets sein?
Darüber müssen wir jetzt nicht nachdenken. Lazar war Headcoach, aber er weiß um die Situation. Er muss noch viel lernen. Sein Wunsch war immer, in der Bundesliga zu arbeiten. Er hat das alles hier sehr genau verfolgt und ist über alles im Bilde. Übrigens hat Carrington Wiggins bei ihm gespielt, der zuvor für uns in der Regionalliga aufgelaufen ist. Den hat er auf ein neues Level gebracht. Lazar weiß, wie schwer es ist, hier mit der speziellen und sehr Guard-lastigen Art des Basketballs als Coach zu arbeiten. Wofür es am Ende reichen wird, werden wir sehen. Er freut sich sehr auf seine Chance als Assistenztrainer in Deutschland.
Faktisch gibt es in Seth Hinrichs einen Spieler mit laufendem Vertrag, in Norris einen sicheren Abgang und in Nicholas Tischler einen neuen Akteur. Wie sieht der weitere Fahrplan aus?
Generell würden wir gern den einen oder anderen Spieler behalten, aber aus verschiedenen Gründen gestaltet sich das als überaus kompliziert. Der Basketball in Europa hat sich enorm entwickelt. Nach der Corona-Zeit haben andere Ligen sofort wieder auf Angriffsmodus umgeschaltet, in der BBL war es eher eine vorsichtige Rückkehr. Da ist der Abstand gewachsen. Auch zu Clubs, mit denen wir zuvor auf Augenhöhe waren. Und auch in der BBL selbst hat es unterschiedliche Entwicklungen gegeben. Wir sind eher auf einem bewährten Level geblieben, andere haben die Lücke verkleinern oder schließen können. Und das bringt uns in eine ganz neue Situation im Konkurrenzkampf um spannende Spieler. Ulm, Chemnitz, Würzburg, Rostock, der MBC: Sie alle haben zugelegt. Daraus ergibt sich ein zähes Ringen um Spieler. Und wir möchten Akteure verpflichten, die mit Überzeugung hier sind und hier bleiben wollen. Das betrifft übrigens auch die Suche nach dem Trainer. Wenn es da einen gibt, der interessant ist, der aber nicht zu den EWE Baskets kommen möchte, weil wir nicht international spielen, dann passt es mit ihm auch nicht. Dann fehlt da die absolute Überzeugung.

Da du dich nicht zu Spekulationen äußerst, wirst du mutmaßlich auch nicht den Namen von Filip Stanic kommentieren, der zuletzt mit den EWE Baskets in Verbindung gebracht wurde …
Filip hatte eine überragende Saison, er war einer der besten deutschen Spieler. Ich kenne ihn, er war schon einmal kurz hier aktiv, wir haben immer Kontakt gehabt. Natürlich ist er interessant. Aber er ist auch interessant für andere, und damit sind wir wieder bei der veränderten Ausgangslage. Es gibt sieben oder acht Clubs, die inzwischen mindestens das Gleiche wie wir in Oldenburg zahlen können.
Wie steht es um die Chancen und Ambitionen, an einem europäischen Wettbewerb teilzunehmen?
Wir möchten grundsätzlich in der Champions League spielen und nicht zwischen den Wettbewerben switchen. Leider haben wir es sportlich nicht geschafft, uns zu qualifizieren. Natürlich gibt es immer Bewegung, wenn ein Club beispielsweise verzichtet, aber sportlich fehlt uns derzeit die Grundlage.
Wie sehen die nächsten Schritte im Nachwuchsbereich aus? Die U16 stand zweimal im Finale um die Deutsche Meisterschaft, das Regionalligateam ist aufgestiegen und tritt nun in der ProB an.
Wir haben im Nachwuchsbereich viel verändert und verfügen vor allem über Trainer, die wirklich alles geben und sehr hart arbeiten. Das alles ist das Ergebnis eines langjährigen Prozesses. Unser Fördertraining hat zu immer besseren Resultaten geführt. Ich bin stolz auf diese Entwicklung, an der übrigens viele Menschen beteiligt sind. Wir haben auch durch die Top4-Resultate längst bewiesen, was wir können. Und jetzt wollen wir uns noch mehr als zuvor darauf konzentrieren, Spieler zu entwickeln. Es ist eine riesige Anerkennung unserer Ambitionen, dass wir über sechs Jugend-Nationalspieler verfügen. Beim Tryout waren über 100 Jugendliche. Und da sind Spieler aus großen Programmen, die nach Oldenburg kommen wollen.
Die Lizenz in der ProB ist an Bedingungen geknüpft. Welche sind das?
Dabei geht es um technische Aspekte. Daran arbeiten wir. Das fängt mit der Hallensituation an, wir benötigen ja eine Spielstätte mit mindestens 500 Plätzen. Die beiden Arenen in Oldenburg kommen nicht infrage, das würde zu übergroßen Kosten führen. Nun richten wir die Hössenhalle in Westerstede entsprechend her; die Kapazität ist ausreichend, aber drumherum gibt es viel zu tun. Wir sind ein paar Jahre nicht mehr in der ProB gewesen – da hat sich in der Zwischenzeit viel getan, was die Bedingungen betrifft. Außerdem wollen wir uns etwas einfallen lassen, um die Fans auch aus Oldenburg nach Westerstede zu bringen. Die Mannschaft hat sich das verdient. Und wir wollen attraktiven Basketball auch in Westerstede zeigen. Denn die Geburt der EWE Baskets ist mitunter in Westerstede entstanden.

Welche Position wird Mladen in eurer Organisation bekleiden?
Ich möchte mich noch einmal explizit bei Mladen dafür bedanken, dass er den Job in der BBL übernommen hat. Der Dank geht aber auch an unsere drei hauptamtlichen Jugendtrainer, die das alles kompensiert haben. Nun kehrt er in den Nachwuchsbereich zurück und wird unter anderem Trainer der U19-Mannschaft in der Nachwuchs Basketball Bundesliga. Und natürlich hält er engen Kontakt zu den anderen jungen Spielern und den Coaches.
Zu guter Letzt: Was erwartest du vom Rest der BBL-Saison in den Playoffs?
Die Bundesliga in dieser Saison war schon in der Hauptrunde unglaublich spannend. Ganz Europa hat das verfolgt, wir sind eine der interessantesten Ligen für die Top-Clubs in der EuroLeague. Man kann kaum mehr Spannung erwarten, schau dir allein den letzten Spieltag an, als wir gegen Chemnitz gewonnen haben und alle gebannt auf ihre Handys schauten. Das war alles tolle Werbung für die BBL, für unsere Nerven aber nicht das Beste. (lacht) Ich verfolge die Playoffs weiterhin. Tipps gebe ich nicht ab.
Moment! Ich erinnere an ein früheres Gespräch, als du Deutschland gute Chancen auf den Gewinn der Weltmeisterschaft eingeräumt hast …
(lacht) Das stimmt. Und ich habe in Serbien mit einem Bekannten vor zwei Jahren gewettet, dass Ulm Meister wird. Der schüttelte nur den Kopf.
Ulm könnte es wieder schaffen.
Da stimme ich dir zu.
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Zu meinem Basketball-Background: Als wenig erfolgreicher Spieler hatte ich lange Zeit großes Interesse am aktiven Tun, allerdings beschränkt sich meine Liebe zu diesem Sport inzwischen auf die Besuche in den Hallen und Arenen und die entsprechende Arbeit an der Tastatur. Von 2004 bis 2014 habe ich die Medien- und Öffentlichkeitsarbeit der EWE Baskets Oldenburg geleitet, seitdem beschäftige ich mich mit dem Club im Speziellen und dem Basketball im Allgemeinen als freier Journalist – unter anderem als redaktioneller Mitarbeiter für die easyCredit Basketball Bundesliga, als gelegentlicher Experte am Mikro bei den EWE Baskets oder in diesem Blog. Was ich sonst noch so mache: hier entlang.