Torben Rosenbohm

Freier Journalist aus Oldenburg

Ein rätselhafter Abend

„Die Nummer eins der Stadt sind wir“, schallte es am Samstagabend durch die altehrwürdige Haarenuferhalle. Diese Feststellung war auf eigentümliche Weise mindestens genauso rätselhaft wie vielerlei mehr in den vorangegangenen knapp anderthalb Stunden. Faktisch hatten sich auf dem Parkett der Oldenburger Turnerbund und die Baskets Juniors TSG Westerstede in einem Spiel der 1. Basketball-Regionalliga Nord gegenübergestanden, gefühlt waberte indes eine Reihe an Fragezeichen durch die dezidiert unmoderne, aber schlicht wundervolle Spielstätte.

Die Nummer eins der Stadt? Hier fängt es ja schon an mit dem Rätselhaften: welche Stadt? Westerstede? Der Ort im Ammerland jedenfalls steht nicht nur im Teamnamen an präsenter Stelle, sondern ist seit dieser Saison auch Austragungsort der Heimspiele des Baskets-Nachwuchses. Oder besser: des Baskets-Nachwuchses in der Regionalliga, denn die Mannschaften in der Jugend Basketball Bundesliga und in der Nachwuchs Basketball Bundesliga laufen weiterhin in der Halle am Haarenufer auf.

Der OTB wiederum stellt auf vierthöchster Liga-Ebene ein eigenes Team in dieser Klasse, was nun am Vorabend des zweiten Advents zu einer Konstellation führte, die vor einer Weile noch eher undenkbar erschien. Die fast wie siamesische Zwillinge miteinander verbandelten Baskets und der OTB rangelten also um Punkte im Ligabetrieb, wobei: Ein Rangeln war es am Ende nicht, um das Sportliche rasch vorwegzunehmen. Die Baskets Juniors erwiesen sich als in allen Belangen deutlich überlegen und fuhren ihren dritten Saisonsieg ein.

Auf der Tribüne erlebte man abseits des Spielgeschehens eine recht klare Trennung der Sympathien; links (mit Blick Richtung Spielfeld) war eher zurückhaltende Unterstützung für die Baskets aus Oldenburg – Verzeihung: Westerstede – zu vernehmen, rechts hingegen feierten zahlreiche lautstarke Fans ihren OTB, wunschgemäß überwiegend in Weiß gekleidet und unabhängig vom Spielstand in ungebremst enthusiastischem Furor. Da staunte dann auch die kleine Fraktion der Baskets-Profis nicht schlecht, die den Weg ans Haarenufer gefunden hatte.

Wer genau hinhörte bei diesem Spektakel, wurde dennoch nicht ganz schlau aus der Gemengelage. Zu einer emotionalen Frontstellung zwischen den Teams konnte es ohnehin kaum kommen, schließlich kennen sich die Akteure untereinander bestens; OTB-Leistungsträger Andre Galler beispielsweise ist für die Baskets im Jugendbereich tätig, Melvin Papenfuß – ebenfalls für den OTB am Ball – arbeitet in der Geschäftsstelle der Profi-Organisation. Und doch war deutlich greifbar, dass die Ausgangslage irgendwie nicht so ganz dem entspricht, was sich einige unter erquicklicher Zusammenarbeit vorstellen. „Schade“, „komisch“, „bizarr“ – das waren so Einschätzungen, die zu hören waren über die Situation.

Tatsächlich waren die Spiele des nominell als zweite Baskets-Mannschaft verstandenen Ensembles in vorherigen Jahren etwas ganz Besonderes. Während die Profis in der Bundesliga ins große Theater baten, scharrten sich am Haarenufer oft Hunderte Basketball-Begeisterte rund um eine Art von gemütlichem Lagerfeuer. Hier kamen echte Basketball-Fans zusammen, genossen zwei Stunden weitgehend ohne große Show und plauderten beim Dosenbier über ihren Lieblingssport. Nicht zu vergessen: Mitte der 2010er Jahre gelangen sogar zwei Meisterschaften in der ProB.

Heute tritt das „Farm-Team“, das man angesichts der aktuellen Spieler bei allem Respekt nur mit viel gutem Willen als solches bezeichnen kann, im Ammerland an, während der OTB sein eigenes Regionalliga-Süppchen kocht. „Auswärtssiege sind schön“: Das war dann noch so ein Gesangsklassiker, der intoniert wurde. Und der fasste die ganze Chose im Grunde noch einmal passend zusammen: Die Baskets (nun aus Westerstede, diese Überspitzung sei gestattet) feiern einen Auswärtssieg in ihrer einstigen Spielstätte. Wie gesagt: Ein rätselhafter Abend.


Mit Srdjan Klaric, Leiter Sport bei den EWE Baskets Oldenburg, plauderte ich vor Kurzem über die Nachwuchsarbeit des Clubs. In Kürze widme ich mich auch noch einmal ausführlich dem OTB, der den Spagat zwischen Profi-Kooperation und Breitensport hinbekommen muss(te).