Torben Rosenbohm

Freier Journalist aus Oldenburg

Shootingstar Johann Grünloh: „Ich konzentriere mich auf das Hier und Jetzt“

Im Sommer gewann Johann Grünloh mit der deutschen U18-Nationalmannschaft die Bronzemedaille bei der Europameisterschaft. Inzwischen gehört er zur festen Rotation im Kader des Bundesligaaufsteigers RASTA Vechta und trifft am 18. November auswärts auf die EWE Baskets Oldenburg. Im Interview spricht der 2,10 Meter große Center über seinen Einstieg in den Basketball, seine Situation im Profikader und die Vorteile des Basketballstandorts Vechta.

Du bist im kleinen Löningen aufgewachsen. Wie sah dein Weg zum Basketball aus? Ich las da etwas von Fußball …

Ich habe tatsächlich erst eine Menge Fußball gespielt. Im Alter von neun Jahren haben mich meine beiden Brüder, die fünf beziehungsweise sieben Jahre älter sind als ich, dann zum Basketball gebracht. Die waren auch vorher mit Fußball beschäftigt, aber der Ältere von beiden ist damals über einen Kumpel mit Basketball in Kontakt gekommen. Dann folgte der andere Bruder, schließlich auch ich. So wurde ich Teil der U10 in meiner Geburtsstadt Löningen.

Deine beiden Brüder spielen in Oldenburg. Kommt ihr noch dazu, mal zusammen zu zocken?

Das stimmt, sie sind bei den BTB Royals in der 2. Regionalliga. Aber nein, das mit den direkten Duellen gibt es momentan nicht mehr. Das war immer mein Traum, das wird aber wahrscheinlich schwer. (lacht)

Wann hast du gemerkt, dass Basketball mehr werden kann als „nur“ ein Hobby?

Das war nach meinem letzten Jahr in der Jugend Basketball Bundesliga, als ich in die Mannschaft der NBBL gekommen und auch hier nach Vechta gezogen bin. Da war mir ganz klar: Mit Basketball möchte ich meinen Lebensunterhalt verdienen.

Johann Grünloh holte mit Deutschlands U18 Bronze bei der Europameisterschaft. Bild: FIBA

Die Zusammenarbeit von Vechta und Quakenbrück dürfte sich in dieser Hinsicht als Standortvorteil erweisen, oder?

Auf jeden Fall, der Einzugsbereich ist einfach sehr groß, Osnabrück und Umgebung gehören ja auch noch dazu. Vechta ist nun einmal eine kleine Stadt, da sind Großstädte wie Berlin natürlich deutlich im Vorteil. Die können aus einem viel größeren Fundus schöpfen und sich aussuchen, welche Spieler sie in ihr Programm holen möchten. Dass sich hier nun mehrere zusammengeschlossen haben, ist daher eine sehr gute Sache. In Quakenbrück war ich früher auch bei Spielen in der Arena, zusammen mit meinem Vater, der eine Dauerkarte besessen hat.

Du warst Teil der U18-Nationalmannschaft, die bei der EM Bronze gewonnen hat. Wie hast du das Turnier und die Teilnahme daran empfunden?

Das verlief im Grunde erst einmal eher durchwachsen. Ich persönlich habe eine Weile gebraucht, bis ich ins Turnier hineingefunden habe. Die ersten Spiele liefen nicht so gut, aber in den Do-or-die-Spielen hat es sich gebessert. Es war hart gegen das Heimteam aus Serbien im Halbfinale auszuscheiden, da haben wir hinterher einige Sprüche kassiert. „Auf Wiedersehen“, hieß es dann von den Rängen, das Ausscheiden tat weh. Am nächsten Tag haben wir uns dann aber gegen die Franzosen revanchiert und die Medaille gesichert. Insgesamt war das schon ein cooles Turnier, es hat großen Spaß gemacht, mit den anderen Jungs zusammenzuspielen. Viele kannte ich vorher auch noch gar nicht, weil die aus dem jüngeren Jahrgang kamen. Es waren viele 2006er dabei, das war total positiv.

Im Sommer wurde Deutschland Weltmeister. Wie hast du das wahrgenommen  – und hat es bei dir den Wunsch ausgelöst, auch einmal Teil davon zu sein?

Ich habe versucht, jedes Spiel zu verfolgen, was ab und an schwierig war wegen unserer Trainingseinheiten. Das habe ich dann einfach später nachgeholt. Das wäre natürlich cool, mit den ganzen Weltmeistern mitspielen zu können. Gegen einen Johannes Thiemann durfte ich jetzt ja schon in Berlin antreten, aber mal auf derselben Seite wie er zu stehen, wäre natürlich großartig.

Eine Spezialität des 2,10 Meter großen Centers: gegnerische Würfe blocken. Bild: Ulf Duda/fotoduda.de

Du hast beim Next Generation Tournament bessere Block-Zahlen als Victor Wembanyama erzielt. Zählt er zu deinen Vorbildern, wobei er auch erst ganz am Anfang steht? Wem schaust du ansonsten gerne beim Basketballspielen zu?

Als Vorbild würde ich Wembanyama nicht sehen, er ist ja gerade einmal ein Jahr älter als ich. Er ist zwar der erste Pick im Draft, aber erreicht hat er ja im Grunde noch nichts. Ich sehe da eher Spieler wie Dirk Nowitzki als wahre Vorbilder, die das Ende ihrer Karriere erreicht haben und dabei MVP wurden und Titel geholt haben. Und vor allem natürlich solche, die auf meiner Position unterwegs sind.

Wie bleibst du auf dem Boden, wenn in den Medien – und in Interviews wie diesem – die Begriffe Nationalmannschaft, NBA und Wembanyama auftauchen?

Ich versuche zunächst einmal, gar nicht so viel darüber nachzudenken. Das kommt natürlich mal in ein, zwei Sätzen vor, aber ich konzentriere mich auf das Hier und Jetzt. Und das heißt: Ich möchte in der BBL bestehen und mich hier etablieren. Erstmal möchte ich eine gute BBL-Saison hinlegen, und dann irgendwann, in zwei oder drei Jahren, kann ich über den nächsten Schritt nachdenken.

War das Hier und Jetzt in der BBL in Sachen Intensität eine Überraschung beziehungsweise ein großer Schritt für dich?

Letztes Jahr habe ich in der ProA ja noch gar nicht so viele Minuten gesehen. Da war ich es dann eher aus dem Training gewohnt, gegen richtig starke und erwachsene Gegner zu spielen. Aber es war dann schon noch einmal ein echter Sprung, in der BBL aufzulaufen. Da schauen ja insgesamt auch deutlich mehr Leute bei dem zu, was man macht. Und es geht stärker, physischer und athletischer zur Sache.

Du bist in der vergangenen Saison mit zwei Mannschaften aufgestiegen. Wie fühlte sich das an, als in beiden Ligen die Erfolgsserien immer länger andauerten?

Wir sind in die ProA-Saison direkt mit 6:0-Siegen gestartet, da war ganz schnell klar: Das geht in die richtige Richtung. Natürlich mussten wir uns auch alles erst erarbeiten, aber es hatte keiner Zweifel am Erfolg. In der ProB war die Saison lange durchwachsen. Es gab gute Phasen, dann wieder schlechtere. Als Fünfter sind wir in die Playoffs gestartet. Aber als wir dann Bernau als wohl stärksten Gegner rausgeworfen hatten, da haben wir realisiert: Hey, wir können tatsächlich aufsteigen! In der regulären Saison sind wir von denen zweimal ganz deutlich besiegt worden. Vom Club her wurde auch signalisiert: Wir wollen aufsteigen. Das ist auch keine Normalität und umso erfreulicher.

Johann Grünloh ist selbstkritisch und schätzt den Auftakt in die am Ende erfolgreiche U18-EM als eher „durchwachsen“ ein. Bild: FIBA

Wie steckst du die Doppelbelastung weg? Und ist es nicht sehr komplex, sich gleichermaßen auf zwei Systeme zu konzentrieren und vorzubereiten? Im Vorjahr hast du sogar für drei Teams gespielt.

Das ist schon schwierig, man muss von beiden Teams alle Spieler gut kennen. Die Arbeit mit dem BBL-Team geht momentan vor. Im Vergleich zur vergangenen Saison ist die Doppelbelastung natürlich noch einmal intensiver. Da habe ich in der ProB auch schon gegen erwachsene Leute gespielt, aber es ging nicht so physisch zu wie jetzt in der ProA und vor allem in der Bundesliga. Und wenn ich spiele, dann in beiden Mannschaften ja auch über eine längere Spielzeit.

Du spielst in Vechta eine wichtige Rolle in der ersten Mannschaft. Wie sehr hast du mit einer solchen Entwicklung vor der Saison gerechnet beziehungsweise auf eine solche gehofft? Bei einem jungen Spieler wie dir könnte man ja im Grundsatz eher erwarten: Lass ihn ProA spielen und in die BBL reinschnuppern …

Gehofft habe ich natürlich darauf, Teil des BBL-Teams zu sein und mich hier etablieren zu können. Damit gerechnet habe ich aber wirklich nicht. In den Preseason-Spielen stand ich dann aber auch mal in der Starting Five, da waren wir nur zwei Center, da Richmond Aririguzoh noch verletzt war. Als das dann aber so weiterging, da dachte ich schon: Oh! (lacht) Und dann stand ich in der Startformation im Pokal gegen Rostock – das war schon ein anderes Gefühl, aber ein gutes.

Ihr habt in Wes Iwundu einen ehemaligen NBA-Spieler in euren Reihen. Wie läuft das Zusammenspiel mit ihm auf dem Parkett und auch abseits davon? Immerhin kennt er die Glamourwelt der NBA und ist nun im überschaubar großen Vechta gelandet.

Er ist ein sehr netter, bodenständiger Typ. Im Spiel sieht man schon, dass er mal in der NBA gespielt hat. Er ist erfahren, nimmt die richtigen Würfe. Da sind auch mal ein paar freche Würfe dabei, aber er trifft sie ja auch meistens – und darauf kommt es an. Auch abseits des Feldes ist er sehr angenehm.

Ihr steht mit 5:2 Siegen für einen Aufsteiger glänzend da. Worin siehst du die Gründe für diesen tollen Start?

Wir haben von Anfang an sehr gut zusammengespielt und den Ball sehr gut bewegt. Es war sicherlich auch ein Vorteil, dass wir viele Heimspiele hatten, ohne dass das der Hauptgrund für die Bilanz ist. Es fielen wichtige Würfe, und in den engen Spielen haben wir meist auch gut ausgesehen. Die Partie bei ALBA war tough, da haben wir nach der ersten Halbzeit leider nachgelassen. So ging es uns auch bei der Niederlage in Hamburg, wo wir ein wirklich schlechtes Viertel hatten. Aber insgesamt waren wir auf Augenhöhe und haben uns gut präsentiert.

Lieber dunken als Hook-Shots aus der Not heraus: Johann Grünloh möchte sein Spiel kontinuierlich weiterentwickeln. Bild: FIBA

In welchen Bereichen des Spiels deiner Mannschaft erkennst du aktuell das größte Potenzial, damit ihr euch noch verbessern könnt?

In der Defensive haben wir noch etwas zu tun. Offensiv stehen wir sehr gut da, wir haben aktuell die beste Dreierquote, treffen die Freiwürfe am verlässlichsten von allen Teams – vielleicht können wir bei den Zweiern noch etwas nachlegen. (lacht) Defensiv müssen wir noch etwas physischer spielen und den Gegner noch besser vom Brett fernhalten.

Welche Baustellen in deinem eigenen Spiel siehst du?

Auch hier ist die Physis zu nennen. Vor allem, um im Post gegen größere und stärkere Spieler dagegenhalten zu können. In der Pick-and-roll-Defense sehe ich noch Potenzial. Offensiv möchte ich aggressiver abschließen und nicht vom Korb abgewandt zum Hook-Shot greifen müssen – lieber dunken oder sich den Korbleger mit Extra-Freiwurf verdienen.

Ist Vechta der ideale Ort für einen jungen Spieler wie dich? Mit zwei Teams gleichzeitig in der BBL und in der ProA vertreten sein, ist vermutlich ein entscheidender Unterschied zu allen anderen Clubs der Liga. Und welche Rolle spielen die Coaches Ty Harrelson und Hendrik Gruhn?

Besser kann es tatsächlich nicht laufen. Wir haben ja auch noch ein Team in der 2. Regionalliga für die jüngeren Spieler, die erstmal im Herrenbereich Fuß fassen müssen. Der Schritt von der NBBL direkt in die ProA kann sehr schmerzhaft sein, da ist es gut, noch eine Zwischenstufe zu haben. Das zieht ja auch Spieler von anderswo inzwischen hierher. Die Trainer unterstützen das ganze System und geben jungen Spielern eine Chance. Hendrik hat zuletzt in der ProA einen 15-Jährigen eingesetzt.

Wie schwierig ist es, sich nebenher auch noch voll auf die Schule zu konzentrieren?

Bis jetzt läuft es gut. Das wird wohl kein Einser-Abi, aber das war auch nicht das Ziel. (lacht) Es ist schon schwer in der 13. Klasse, die meisten Probe-Abi-Klausuren habe ich aber inzwischen durch. Ich habe sehr oft Training und teilweise zwei Spiele am Wochenende. Die teilweise sehr langen Reisen kann ich dann aber natürlich zum Lernen nutzen.

Am Samstag steht das Derby gegen Oldenburg an. Wie schätzt du den Gegner ein und was erwartest du vom Spiel?

Ich gehe auf jeden Fall von einem guten Spiel aus! Wir kennen Oldenburg aus der Preseason, da war aber DeWayne Russell nicht mit dabei. Es wird sicherlich eine große Herausforderung – ein Duell auf Augenhöhe, in dem um jeden Ballbesitz gekämpft wird. Ich freue mich darauf! Ich kenne viele aus Oldenburg, teilweise habe ich auch schon gegen sie gespielt. Gegen Norris beispielsweise in der Regionalliga.


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