Torben Rosenbohm

Freier Journalist aus Oldenburg

Der Bilanz zum Trotz: Ein Sieg gegen den Vierten aus Würzburg ist Pflicht

Zwölf Spieltage vor dem Abschluss der regulären Saison 2023/2024 in der easyCredit Basketball Bundesliga hat sich in Oldenburg das Gefühl breit gemacht, dass es nur noch besser werden kann. Ein bisschen herrschte dieser Glaube schon vor dem Gastspiel bei ALBA BERLIN Anfang März vor, aber es kam ganz anders. Die EWE Baskets waren in der Hauptstadt absolut chancenlos und wurden von einem Gegner, der drei Tage zuvor in der Euroleague von Tel Aviv überrollt worden war, humorlos auf die Heimfahrt geschickt.

10:12 Siege, Platz elf im Klassement einer vor allem in der ersten Tabellenhälfte unerwartet aufgestellten Liga und nur noch rund zwei Monate Zeit: Die Ausgangslage in Oldenburg ist eher schwierig. Grundsätzlich erscheint der Blick auf das Restprogramm derweil verlockend, denn die Hälfte der Gegner kommt aus dem Pool an Clubs, die hinter den EWE Baskets rangieren.

Um mindestens den Sprung auf die Play-In-Plätze zu schaffen (7-10) – von einer direkten Playoffqualifikation mag aktuell keiner ernsthaft träumen –, müssen die Niedersachsen aber auch gegen das eine oder andere Team erfolgreich sein, das vor ihnen platziert ist. Die Bilanz gegen jene sieht bis dato alles andere als positiv aus: Nur drei von 14 Vergleichen gegen die Top Ten der BBL wurden mit einem Sieg abgeschlossen.

Ist es also vermessen, vor dem Duell gegen die Würzburg Baskets am Samstag, 9. März, von einem Pflichtsieg zu sprechen? Mit Blick auf die statistischen Daten lautet die Antwort wohl eher: ja. Würzburg ist Vierter, darf neben Chemnitz und Vechta zur großen Überraschung der Spielzeit ernannt werden und hat acht von elf Auswärtsspielen gewonnen. Oldenburgs Ausbeute zu Hause: 5:5.

Mit Blick auf die Zwänge der tabellarischen Realitäten muss man aber sagen: Ein Sieg daheim ist letztlich Pflicht.

Die Oldenburger konnten zuletzt ihren phasenweise grotesk ausgedünnten Kader endlich auffüllen. Vorausgesetzt, dass auch Center Norris Agbakoko seine ursprünglich als eventuell nicht ganz so arg eingestufte Blessur auskuriert hat und wieder einsatzfähig ist, liest sich die Aufstellung nicht nur gut, sondern nahezu luxuriös: DeWayne Russell und Geno Crandall können das Spiel lenken und leiten, Max DiLeo verkörpert bedingungslosen Einsatz, Fritz Hemschemeier kann bei Bedarf Entlastungsminuten geben, Chaundee Brown und Len Schoormann sind gleichermaßen inspirierende Offensiv- und Defensivkräfte, Lukas Wank und Alen Pjanic liefern wichtige Impulse auf wechselnden Positionen, die Rückkehrer Deane Williams und Brekkott Chapman wollen an ihren starken Saisonstart anknüpfen, und das Center-Duo Ebuka Izundu und Agbakoko steht vor der Wiedervereinigung.

Len Schoormann gehört zu den Leistungsträgern im mittlerweile sehe tiefen Oldenburg Kader. Bild: Ulf Duda/fotoduda.de

Wenn das kein tiefer Kader ist! Nicht zu vergessen: In dieser Auflistung fehlen noch der verletzte Charles Manning Jr., der aktuell geschonte Kenny Ogbe und der in Berlin pausierende Artur Konontsuk. Es ist anzunehmen, dass es in den Play-Ins kein Team gibt, das diesen Oldenburgern gerne begegnen möchte.

Allerdings: So weit gilt es erst einmal zu kommen.

Der vermeintliche Pflichtsieg gegen Würzburg könnte einen furiosen Endspurt der Oldenburger einläuten. Das wird nur garantiert nicht ohne Gegenwehr vonstattengehen, Würzburg ist schließlich nicht zufällig Tabellenvierter.

Angeführt wird das Ensemble aus Franken von einem MVP-Kandidaten. Der US-Amerikaner Otis Livingston II, der in allen 21 BBL-Spielen startete, beeindruckt auf vielen Ebenen. Der Dauerläufer (31:58 Minuten pro Partie) erzielt durchschnittlich 19,8 Punkte und kann sich bei seinem offensiven Tun auf eine exzellente Dreierquote verlassen (43,9 Prozent). 5,5 Assists und 1,7 Steals pro Spiel helfen dem Team zusätzlich.

Als feste Größe hat sich auch Zac Seljaas etabliert, der nicht nur mit seiner bemerkenswerten Frisur beeindruckt, sondern auch mit 13,4 Punkten pro Partie und einer Quote aus der Distanz von 40,7 Prozent. Wenn man als Gegner realisiert, dass er gerade heiß läuft, ist es meistens schon zu spät. 12,9 Zähler pro Spiel kommen von Isaiah Washington, während Javon Bess nicht nur offensiv (10,7 Punkte), sondern vor allem defensiv als einer der besten Verteidiger der Liga imponiert.

Darius Perry, Max Ugrai, der Ex-Oldenburger Owen Klassen, Collin Welp und Felix Hoffmann komplettieren die exzellent aufeinander eingespielte Neunerrotation. An der Seitenlinie steht in Sasa Filipovski zudem ein Headcoach, der bei der Suche nach dem Trainer des Jahres zur engeren Wahl gehört. Keine Frage: eine hohe Hürde für Oldenburg.

Um aus einer bislang schwer greifbaren Saison noch eine gute werden zu lassen, wird es bei den EWE Baskets Oldenburg unterdessen vor allem auf diese Faktoren ankommen:

  1. Russell und Crandall müssen gleichermaßen Punkte liefern wie Mitspieler einbinden. Die Optionen in der Offensive sind nach der Rückkehr der Langzeitverletzten stark verbessert und bieten das Potenzial, aus allen Bereichen des Feldes gefährlich zu sein.
  2. In der Defensive muss der von Trainer Pedro Calles immer wieder geforderte Einsatz über die komplette Spielzeit hochgehalten werden; der jetzt tatsächlich tiefe Kader bietet ausreichend Möglichkeiten, durch viele Wechsel die Intensität stets ans Limit zu bringen.
  3. Trotz der ungemütlichen Ausgangslage als Elfter (man darf nicht vergessen: Braunschweig als Zehnter hat zuletzt fünfmal in Serie gewonnen) muss das Team eine Gewinner-Mentalität entwickeln. Wenn die Play-Ins gesichert werden sollen, darf sich Oldenburg nicht auf Ausrutscher der Konkurrenz verlassen.

Bei allem verdienten Respekt vor Würzburg: Es ist ein Pflichtsieg.


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Zu meinem Basketball-Background: Als wenig erfolgreicher Spieler hatte ich lange Zeit großes Interesse am aktiven Tun, allerdings beschränkt sich meine Liebe zu diesem Sport inzwischen auf die Besuche in den Hallen und Arenen und die entsprechende Arbeit an der Tastatur. Von 2004 bis 2014 habe ich die Medien- und Öffentlichkeitsarbeit der EWE Baskets Oldenburg geleitet, seitdem beschäftige ich mich mit dem Club im Speziellen und dem Basketball im Allgemeinen als freier Journalist – unter anderem für die easyCredit Basketball Bundesliga oder in diesem Blog. Transparenzhinweis: Ganz gelegentlich verfasse ich auch Beiträge für die Website des eingetragenen Vereins Baskets4Life e.V. (2011 als Baskets Akademie e.V. gegründet), der sich in Projekten im Nachwuchsbereich engagiert (u.a. BASKita, Grundschulliga oder Streetcourts in der Region). Was ich sonst noch so mache: hier entlang.