Torben Rosenbohm

Freier Journalist aus Oldenburg

Alen Pjanic vor dem Saisonstart: „Ich mag die Truppe sehr“

Flügelspieler Alen Pjanic, 1997 in Gießen geboren, zählt seit 2021 zum Kader der EWE Baskets Oldenburg. Nach seiner schweren Verletzung im Frühjahr 2023 kämpfte er sich über viele Monate zurück auf das Basketballparkett und feierte in der Saison 2023/2024 schließlich sein Comeback. Vor dem Start in die neue Saison in der easyCredit Basketball Bundesliga spricht der 27-Jährige über seine Reha, seine Eindrücke vom neuen Team und seinen Trainer Pedro Calles. Für die EWE Baskets startet die neue Spielzeit daheim: An diesem Samstag, 21. September, treffen die Niedersachsen auf die MLP Academics Heidelberg.

Alen, bevor wir uns den sportlichen Aspekten zuwenden: Wie war dein Sommer?

Mein Sommer war im Grunde ganz klassisch, vergleichbar mit den anderen, seit ich in Oldenburg spiele. Für mich ging es zurück in die Heimat, zusammen mit meiner Freundin. Überwiegend habe ich meine Zeit mit Training und Physiotherapie verbracht, um in diesem Jahr stärker zurückzukommen. Viel Urlaub war das nicht, am Ende hatte ich rund zwei Wochen, die wirklich nichts mit Basketball zu tun hatten. Ich glaube aber, mit dieser Mischung komme ich gut zurecht. Davor in meiner Zeit in Gießen war das ähnlich: Man kommt in die Halle, die anderen Spieler kommen von ihren Standorten dazu. Man trifft sich, zockt zusammen, das macht großen Spaß.

Lass uns noch einmal ein wenig zurückblicken, auch wenn die Erinnerungen schmerzhaft sein dürften. Als du im April 2023 in Chemnitz unsanft auf dem Boden gelandet bist, was waren da deine ersten Gedanken? Und war dir sofort klar, dass das keine Kleinigkeit war?

Das ist ja zum Glück nun schon fast anderthalb Jahre her. Ich bin gelandet, und auf einem Mal waren lauter Leute um mich herum. Unser Physiotherapeut hat meinen Arm gehalten. Es gab dann einen Moment, in dem mir bewusst wurde, was gerade passiert ist. Da habe ich mich kurz gefragt: Soll ich jetzt weinen? Soll ich schreien? Mir war klar: nichts von beidem. Ich habe mir gesagt: Bleib cool, bleib ruhig, atme einfach weiter. Und als mir das Gelenk wieder eingerenkt wurde, dachte ich, dass ich gleich bestimmt weiterspielen kann. Das hielt aber nicht lange an. (lacht) Spätestens als ich mit der Schiene auf der Bank saß, war mir klar, dass das nichts wird. Dort sitzend, richteten sich meine Gedanken direkt auf die Themen Reha und Comeback. Ich konnte natürlich noch nicht wissen, was genau da in meinem Ellbogen los war, aber ich habe realisiert, dass mir nun einiges bevorsteht. Für mich hieß es: Ruhe bewahren und mein Ding durchziehen. Ich habe mir letztlich vorgenommen, irgendwann wieder auf dem Feld zu stehen. Und das habe ich ja geschafft.

Du hast dich über Monate zurückgekämpft. Wie anstrengend war dieser Prozess – sowohl physisch als auch – vielleicht noch mehr – psychisch? War das gleichermaßen belastend? Immerhin fällt das, was man selbst am meisten schätzt, für eine ganze Weile weg.

Das Physische war schwieriger; mental habe ich mich immer cool gefühlt, und ich habe mich auch nicht von der Dauer und der Ungewissheit beunruhigen lassen. Ich wusste, dass der Club mir die Zeit gibt, die ich benötige. Was schwierig war, war der Umschwung von vielen Monaten im Kraftraum zurück auf das Feld. Das war ein spezieller Moment, als es hieß: Du bist jetzt wieder voll im Training. Im Rückblick muss ich aber sagen: Das hat super funktioniert. Niemand hätte damit gerechnet, dass ich nach so kurzer Zeit im Vollkontakttraining schon wieder so würde aufspielen können.

Wie schwer fiel es dir, die Spiele deines Teams aus der Zuschauerperspektive als eine Art Cheerleader zu verfolgen? Zumal die Saison ja nicht dazu angetan war, dass man sich dabei wohlfühlt. Und gelegentlich dürftest du auch Dinge erkannt haben, die der Mannschaft in genau diesem Moment gutgetan hätten …

Am Ende war es ja genau meine Aufgabe, von außen Energie zu bringen, obwohl ich nicht aktiv eingreifen konnte. Sei es durch Applaus oder ähnliches. Man hat das während der Spiele ja gewiss wahrgenommen, man springt dann auf, schreit rum, versucht mit den Schiedsrichtern zu diskutieren, die Gegenspieler abzulenken …

… und das Gute ist: Von dem Platz an der Grundlinie aus riskiert man auch kein technisches Foul …

Ja, genau! Das habe ich auch allen anderen Spielern dort gesagt. Wir haben nicht gepöbelt, aber es war schon etwas mehr, als wenn man regulär auf der Bank sitzt. (lacht) Man macht halt das, was man zu dem Zeitpunkt machen kann, und findet sich mit der Situation ab.

Bevor wir das Thema Verletzung endlich verlassen: Wie groß war die mentale Barriere, als klar war: Jetzt geht es wieder los? Du hast in einer deiner ersten Aktionen bei deinem Comeback in Berlin gleich mal gegen Malte Delow gezeigt: Ich bin wieder da. Da war mir persönlich klar: Um Alen muss man sich keine Sorgen machen.

Anfangs war das noch im Hinterkopf. Ich habe zunächst geschaut, was geht und was nicht geht. Da ging es auch darum, was tatsächlich noch weh tut, denn genau das war in den ersten Wochen der Fall: Es war schmerzhaft bei manchen Aktionen. Aber genau solche Aktionen habe ich benötigt, um wieder bei einhundert Prozent zu landen. Ohne den regulären Spielbetrieb kommt man da nach meinem Empfinden auch gar nicht wieder hin. Mittlerweile ist das komplett ausgeblendet, ich habe keine Probleme mehr.

Alen Pjanic hat bei den Oldenburger Fans ein hohes Standing. Bild: Ulf Duda/fotoduda.de

Im Sommer gab es in Oldenburg einige personelle Wechsel. Wie nimmt man das als Profi wahr, der zu denen gehört, die weiterhin für den Club auflaufen? Sind das Randgeräusche oder verfolgst du das sehr intensiv, schon bevor man dann zum Trainingsauftakt zusammenkommt?

Es interessiert einen natürlich schon. Basketball ist ein Mannschaftssport, und da ist es entscheidend, mit wem man auf dem Feld steht und mit wem man es zu tun hat. Man hört sich dann im Fall von bekannten Spielern um und fragt bei Freunden nach, die mit diesen Jungs schon in anderen Clubs zusammengespielt haben. Im Grunde bin ich mir aber sicher, dass im Scouting ein guter Job gemacht wird und ich mir keinen großen Kopf machen muss. Es ist dann die Preseason, die zeigt, wie schnell man zusammenwachsen kann. Und genau das fiel in diesem Jahr überhaupt nicht schwer.

Das passt zu meiner nächsten Frage. Wie ist dein erster Eindruck von den neuen Spielern und dem neuen Team? Immerhin seid ihr jetzt inzwischen seit einigen Wochen zusammen und habt nach den Testspielen auch den ersten Auftritt in einem Pflichtspiel absolviert.

Ich mag die Truppe sehr! Wir haben von allem etwas dabei, das macht uns stark. Wir können von jeder Position werfen, egal ob das die Guards oder die Forwards betrifft, dann kam noch Aleksandar Zecevic hinzu. Das alles wird uns gefährlich machen. Die Mannschaft ist ein wenig anders aufgestellt als im Jahr zuvor, aber ich habe den Eindruck, dass wir uns schon sehr gut zusammengefunden haben. Alles passt, jeder macht seinen Job. Das ist ja genau das, was wir am Ende wollen: Der eine macht das, der andere dies, und man muss sich gar keine Sorgen darüber machen.

Ihr habt in Tübingen trotz holperiger Anfangsphase einen guten Start in die Pflichtspiele hingelegt. Was hat dir dabei gefallen und was weniger? Luft nach oben dürfte vorhanden sein, wir sind schließlich erst im September.

In der ersten Halbzeit haben wir uns noch zu sehr zurückgehalten und sind noch nicht in der Form aufgetreten, in der wir uns eigentlich präsentieren wollen. In der zweiten Halbzeit war das deutlich besser. Für den Anfang war es aus meiner Sicht okay. In den Preseason-Spielen hat man es gesehen: Schritt für Schritt kommen wir dem näher, was wir wollen. Das erste Mal, wo es in meinen Augen richtig zählt, ist jetzt am Samstag gegen Heidelberg. Damit will ich aber nicht den Erfolg im Pokal kleinreden. Die Liga ist sehr eng, die Spiele zu Hause sind ganz wichtig, da wollen wir von der Euphorie im Publikum profitieren.

Du hast in einem früheren Interview einmal gesagt, dass Basketball eigentlich ein einfaches Spiel sei und zuweilen die Trainer es kompliziert machten. Wie schätzt du in dieser Hinsicht die Arbeit von Pedro Calles ein?

Man merkt mir sicherlich an, dass ich sehr froh bin, unter Pedro zu spielen. Ich glaube, dass ich einfach auch sehr gut zu seinem Spielstil passe. Am Ende kann man nur Positives über ihn sagen! Ich spiele meinen bisher besten Basketball in Oldenburg, und ich glaube, dass das erste Jahr unter ihm rückblickend als Erfolg verbucht werden darf. Für mich zählt er zu den Trainern, die es den Spielern einfach machen. Er überfordert uns nicht mit zu vielen Systemen und zu vielen Ausstiegen. Er sagt immer wieder: Lest das Spiel. Pedro ist sehr detailorientiert, und das hilft, um Basketball noch besser zu verstehen. In den letzten zwei Jahren habe ich trotz der Verletzung viel mehr über diesen Sport gelernt.

Alen Pjanic ist voll des Lobes über seinen Headcoach Pedro Calles. Bild: Ulf Duda/fotoduda.de

Ihr spielt in dieser Saison nur national, das heißt auch: mehr Training. Wie gehst du damit um?

Im Grunde müssen wir uns damit abfinden und das Beste daraus machen. Aber ich sehe es aktuell auch so: Manche Teams, die noch gar nicht so weit sind mit dem Teambuilding und die jetzt international spielen, haben dadurch weniger Training. Und sie können sich so auch weniger auf die Spiele in der Bundesliga vorbereiten, die ja sehr wichtig sind. Außer Bayern legen schließlich alle Mannschaften den Fokus trotz internationaler Spiele voll auf die BBL. Wir wollen aber natürlich dahinkommen, uns wieder für den europäischen Wettbewerb zu qualifizieren. Und ja, wir haben mehr Training, aber das bedeutet auch: Wir werden besser. Die Coaches machen da einen guten Job, da wird auch nicht zu viel trainiert, selbst wenn viele Tage zwischen den Spielen liegen.

Die letzte Saison war davon gekennzeichnet, dass immer wieder mehrere Spieler gefehlt haben. Was abseits der vielen Verletzungen muss aus deiner Sicht besser laufen als in der vergangenen Spielzeit?

(überlegt) Das ist schwer zu beurteilen, ehrlich gesagt. Ich weiß nur, dass wir in dieser Saison angreifen wollen. Wir wollen Oldenburg wieder dorthin bringen, wo es hingehört. Wir wollen versuchen, eine der besten Mannschaften zu sein. Wohin das dann letztlich führt, das kann keiner wissen. Aber wir wollen als geschlossene Truppe auftreten, die ein gemeinsames Ziel hat.

Was sind deine persönlichen Ziele? Du bist einer der dienstältesten Spieler im Kader, aber auch erst 27 Jahre alt.

Das ist ganz klar: Ich möchte wieder dorthin kommen, wo ich war. Und das bedeutet, konstant gute Spiele abzuliefern – und das auf einem Top-Level.

Ändert sich an der Rolle oder am Selbstverständnis etwas, wenn man schon deutlich länger dabei ist?

Das ist schwer zu sagen. Klar, man hilft den Rookies ein wenig. Meine Rolle ist ja grundsätzlich klar definiert: Ich bin der Energizer, der das Team mitnimmt, defensiv vorangeht und offensiv klare Entscheidungen trifft.

Ihr spielt am Samstag gegen Heidelberg. Was erwartest du vom Spiel? Bei den Academics gab es einige Veränderungen, inklusive neuem Headcoach.

Heidelberg ist nicht das Heidelberg aus der letzten Saison. Sie haben ihre Form schon im Pokal unter Beweis gestellt. Sie haben Bock, sind heiß und sind sicherlich gut vorbereitet auf das Spiel. Eben das müssen wir auch sein, um der Partie von der ersten Sekunde an unseren Stempel aufzudrücken. Wir müssen auf uns schauen und Gas geben.

In der Liga gab es viele Veränderungen, was aber ja so ungewöhnlich nun auch nicht ist. Wen siehst du vorne und wer könnte überraschen?

Die Bayern haben das Selbstverständnis, alles zu gewinnen. Sie haben jetzt zweimal den Pokal geholt, zuletzt auch die Meisterschaft. Sie wollen die klare Nummer eins sein in Deutschland. Das sieht man ja schon an den Verpflichtungen. Damit sind sie die Angriffsfläche für alle anderen Teams. Und bei den Überraschungen kann ich noch gar nichts sagen, man muss erst einmal alle erleben. Ich freue mich auf die Saison – und es wird wie in jedem Jahr sicherlich auch Überraschungen geben.


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Zu meinem Basketball-Background: Als wenig erfolgreicher Spieler hatte ich lange Zeit großes Interesse am aktiven Tun, allerdings beschränkt sich meine Liebe zu diesem Sport inzwischen auf die Besuche in den Hallen und Arenen und die entsprechende Arbeit an der Tastatur. Von 2004 bis 2014 habe ich die Medien- und Öffentlichkeitsarbeit der EWE Baskets Oldenburg geleitet, seitdem beschäftige ich mich mit dem Club im Speziellen und dem Basketball im Allgemeinen als freier Journalist – unter anderem für die easyCredit Basketball Bundesliga, als Kolumnist für das Delmenhorster Kreisblatt oder in diesem Blog. Was ich sonst noch so mache: hier entlang.