Brekkott Chapman kam im vergangenen Sommer zu den EWE Baskets Oldenburg. Der Power Forward spielte von 2019 bis 2021 in Würzburg und stand 2021/2022 in Heidelberg unter Vertrag. Nach guten Leistungen zum Saisonstart verletzte sich der US-Amerikaner Ende Oktober im Training und musste monatelang zuschauen. Inzwischen ist Chapman, der am 7. April 1996 geboren wurde, zurück auf dem Parkett. Im Gespräch blickt er auf seine vorherigen Stationen, die Situation in Oldenburg und die Erwartungen für den Rest der Spielzeit.
Brekkott, du bist im vergangenen Jahr zum ersten Mal Vater geworden. Gelingt dir der Spagat zwischen deiner Rolle als Dad einerseits und als Basketballprofi andererseits?
Dazu muss ich direkt sagen: Meine Frau macht einen großartigen Job und kümmert sich um alles zu Hause. Das macht es für mich sehr einfach. Wir hatten die Tage allerdings einen kleinen Disput. (lacht) Da war meine Frau unterwegs und ich habe mich um das Kind gekümmert. Als sie zurückkam, sagte ich zu ihr, dass es gut gelaufen sei und mir das ganz einfach vorkam. Sie schaute mich an und meinte nur: einfach? Du weißt schon, was ich alles mache? Worauf ich aber hinaus wollte: Es ist für mich einfach, da sie alles im Griff hat. Ich kann mich auf den Sport konzentrieren, daher hat sich eigentlich gar nicht so viel verändert.
Ich habe manchmal das Gefühl, es sollte offener über diese Dinge gesprochen werden. Genau wie über Verletzungen, denn all diese Faktoren können ja auch immer ein Grund für Leistungsschwankungen sein. Möglicherweise haben Clubs aber auch Sorge, dass dies schnell als Ausrede verstanden wird …
Klar, das gehört auch dazu. Und da spricht dann vermutlich keiner gerne drüber, wenn das Kind die Nacht über wach war und man selbst auch keinen Schlaf gefunden hat. Das hat bestimmt damit zu tun, dass man es nicht als Ausrede verstanden wissen möchte. Ich habe aber auch kein Problem damit, wenn der Kleine sich nachts rührt und ich meine Frau unterstützen kann. Aber zu unserem großen Glück schläft er sehr gut. (lacht)
War Basketball von Beginn an deine erste Wahl in Sachen Sport?
Ich habe alles ausprobiert: Basketball, American Football und als ich kleiner war auch Baseball. Ich glaube, es war in der neunten Klasse, als ich den Football beiseitegeschoben und mich voll auf Basketball konzentriert habe. Ein Spiel habe ich in der letzten Saison noch im Football mitgemacht, danach war mir klar, dass ich das nicht weiterverfolge. Mit fünf Jahren hatte ich, wenn ich mich richtig erinnere, zum ersten Mal einen Basketball in der Hand.
Wann kam bei dir der Gedanke auf: „Damit kann ich mein Geld verdienen“?
Es war in meinem Jahr als Junior an der Highschool, als mir klar wurde: Das ist es. Das ist das, was ich so lange wie möglich machen möchte. Mir war da natürlich noch nicht klar, welchen Weg ich dann konkret nach dem College einschlagen würde, aber ich hatte beschlossen: Ich werde Basketballer.
Mir kam in der Vorbereitung auf unser Gespräch die Tatsache entgegen, dass du früher Pizzen verkauft hast. Was hat es damit auf sich?
(lacht) Meine Familie hatte nicht sehr viel Geld. Daher musste man erfinderisch sein. Ich wollte bei all den Turnieren mitspielen, das alles kostete aber immer auch Geld. Verwandte und Freunde haben beispielsweise damit begonnen, Dosen zu sammeln, die ich dann weggebracht und gegen Geld eingetauscht habe. Und dann kam die Sache mit den Pizzen. Man konnte eine große Menge mit einem erheblichen Rabatt kaufen. Das habe ich getan und bin dann in der Nachbarschaft herumgelaufen, um sie zu verkaufen. Da kam einiges zusammen, und ich konnte bei den Turnieren dabei sein.
2019 kamst du nach Würzburg, um deine professionelle Basketballkarriere zu starten. Du hast dort eine Knieverletzung erlitten und musstest lange aussetzen. Wie geht man mit so etwas um? Man sitzt dann ja herum und kann das, was einem am meisten bedeutet, nicht ausüben.
Die ersten beiden Jahre waren wirklich sehr hart. Ich spielte die ersten beiden Begegnungen in Würzburg, dann zog ich mir einen Meniskusriss zu. Ich wurde operiert, arbeitete mich durch die Reha und kam zurück. Dann kam Covid und setzte einen Schlussstrich unter die Saison. In der darauffolgenden Spielzeit begann die Saisonvorbereitung, und wieder riss ein Meniskus. Reha, Comeback, weitere Spiele – und es folgte ein Teilabriss der Achillessehne. Immerhin konnte ich dann am Ende der Saison wieder ins Geschehen eingreifen. Aber diese beiden ersten Jahre? Die waren wirklich herausfordernd – vor allem mental. Auch hier geht wieder ein großes Lob an meine Frau, die mir in dieser Zeit sehr geholfen hat. Ich habe mich einfach darauf konzentriert, wieder fit zu werden.
In Oldenburg gab es eine ähnliche Situation, du musstest lange pausieren. Hat dir die Erfahrung der vorangegangenen Verletzungen geholfen? Oder kam da sofort der Gedanke: nicht schon wieder?
Von beidem etwas. Die vorangegangenen Verletzungen haben mir auf jeden Fall die Erkenntnis gebracht, dass ich aus solchen Situationen auch wieder herauskomme. Ich habe das ja im Grunde zwei Jahre lang fast durchgehend erlebt, wie es mit Verletzungen und Reha läuft. Es ist viel Arbeit, und man benötigt viel Geduld. Aber klar, in dem Moment, in dem dir so etwas passiert und dir schnell klar wird, dass es keine Kleinigkeit ist, schleichen sich die Gedanken heran: Jetzt geht alles wieder von vorn los.
Blicken wir noch einmal kurz auf eine andere Station zurück. Nach einer Saison in Heidelberg verschlug es dich nach Japan. Unterscheidet sich die Basketballwelt von unserer sehr?
Vorab: In Japan spielt man mit Playoffs locker um die 65 Begegnungen, und ich habe tatsächlich nur drei verpasst. Der Basketball ist schon anders, es gibt andere Anforderungen an die Importspieler. Die meisten einheimischen Spieler sind auf den Guard-Positionen unterwegs, die meisten Ausländer besetzen daher die großen Positionen. Aber der Sport in Japan kommt voran, schau dir die vergangenen Ergebnisse der Nationalmannschaft an. Da wurden Spiele gewonnen, die dieses Land zuvor nicht für sich entscheiden konnte.
Man hört regelmäßig von guten Erfahrungen, die Spieler und Trainer in Japan machen. Der ehemalige Oldenburger Headcoach Don Beck beispielsweise verbrachte viele Jahre dort.
Ich habe es sehr genossen dort! Es ist anders, zugegeben, aber sowohl sportlich als auch hinsichtlich des gesamten Lebens dort war es toll.
Im vergangenen Sommer hast du in Oldenburg unterschrieben. Was wusstest du über den Club – und wie passen deine bisherigen Erfahrungen hier zu deinem Vorwissen?
Was wir vorher gehört hatten, war vor allem die Tatsache, dass es sehr familiär zugeht. Auch in dem Sinne, dass sie sehr gerne Spieler verpflichten, die selbst eine Familie haben. Schau dir das Team in dieser Saison an: Nahezu jeder hat Kinder! (lacht) Ich wusste einiges über Pedro und wusste, dass er sich mit großen Schritten entwickelt, daher ist es eine gute Möglichkeit, von ihm zu lernen. Das passt schon alles sehr gut zu dem, was ich erwartet hatte. Das Wetter könnte ein bisschen besser sein. (lacht)
Jeder Spieler erwähnt das! Oldenburg ist prima, aber wir müssen über das Wetter reden …
Man muss mit dem Grau zurechtkommen (lacht). Aber, um das klarzustellen: Oldenburg ist eine tolle Stadt.
Viele Außenstehende gehen immer davon aus, dass Pedro sowohl offensiv als auch defensiv ein sehr komplexes System spielen lässt. Wie stellt sich das aus deiner Sicht dar?
Ich empfinde es nicht als zu kompliziert, du musst als Spieler aber dazu bereit sein, immer 100 Prozent zu geben. Das kann es theoretisch für den einen oder anderen kompliziert machen. Das Training ist definitiv anspruchsvoll und herausfordernd, du musst sehr viel Wert darauf legen, abseits der harten Arbeit auf dem Spielfeld auf ausreichenden Schlaf und gute Ernährung zu achten. Der Körper muss in Form bleiben; es ist anstrengend, aber es lohnt sich.
Wie würdest du die bisherige Saison bewerten? Es gibt ein stetes Auf und Ab, dazu kamen die ganzen verletzten Spieler. Aus meiner Sicht kann man die Spielzeit kaum greifen …
Das stimmt. Es fühlt sich ein bisschen an wie eine Achterbahnfahrt. Zuerst kam meine Verletzung, danach setzte eine Art Dominoeffekt ein, hier fiel einer um, dann dort. Nun kommen alle zurück nach diesen schweren Monaten. Wir können einen Lauf starten, und der kommt in meinen Augen genau zur richtigen Zeit.
Das Spiel in Vechta kam mir auf diesem Weg wie ein möglicher Gamechanger vor. Nicht nur wegen des Auftretens auf dem Parkett, sondern auch wegen der Verbindung zwischen den Spielern und den Fans, die auf der Tribüne ordentlich Gas gegeben haben. Das sah alles gut aus, nachdem es in den letzten Monaten auch Momente der Zurückhaltung auf den Tribünen gegeben hat – wenngleich die Arena weiterhin ausverkauft war.
Dem stimme ich zu. Vechta hat bislang ein großartiges Jahr gespielt, auch zu Hause sind sie immer stark. Daher war das ein wirklich großer Sieg für uns, der eine ordentliche Portion Momentum ergeben hat. Wie gesagt: Es fühlt sich wie der richtige Zeitpunkt für so etwas an.
Pedro Calles hat als Trainer inzwischen die Qual der Wahl und muss von Spiel zu Spiel entscheiden, welche Akteure tatsächlich auflaufen. Ist es kompliziert, als Spieler damit umzugehen und das zu akzeptieren, wenn man sich auf der Bank wiederfindet, obwohl man fit ist?
Na klar ist das ein Thema, denn als wettbewerbsorientierter Mensch will man spielen und tut sich mit solchen Dingen immer schwer. In mir findet sich aber die feste Überzeugung, jeden Tag herzukommen und alles für das Team zu tun. Und das kann dann eben auch sein, im Training 100 Prozent zu geben und beim Spiel auch auf der Bank die größtmögliche Energie für das Team zu liefern. Zuletzt war Artur in Topverfassung – und das hilft uns, außerdem ist er ein super Typ.
Schauen wir auf das Team auf der einen und auf dich auf der anderen Seite: Wo siehst du das größte Verbesserungspotenzial?
Als Team müssen wir weiter daran arbeiten, immer die Mannschaft zu sein, die auf dem Spielfeld in Sachen Physis überlegen ist. Wir müssen direkt mit der richtigen Aggressivität in die Spiele starten und das auch 40 Minuten lang durchziehen. In jedem Spiel, in dem wir genau das gezeigt haben, gab es gute Resultate. Für mich als Spieler geht es im Grunde um das gleiche; sobald ich etwas zu passiv starte, gerate ich in Schwierigkeiten, laufe hinterher und komme in Foulprobleme. Zeige ich von Beginn an die nötige Aggressivität, läuft es unmittelbar besser.
Am College hast du den Dreier hochprozentig getroffen. In Oldenburg sah das bislang noch ein wenig anders aus. Wie wichtig ist dir dieser Faktor in deinem Spiel?
Das ist eine große Option für mich! Das habe ich eben beim Verbesserungspotenzial gar nicht erwähnt, aber es gehört zur Wahrheit dazu. Ich bin wirklich schlecht in die Saison gestartet, was die Wurfquote angeht, das war schrecklich. Waren es zehn Prozent in den ersten Wochen von der Dreierlinie? Es wird langsam besser, aber offensichtlich hat es noch nicht das Niveau erreicht, das ich gerne hätte. Daran muss ich weiterhin arbeiten.
Die meisten Spieler sind von ihren Verletzungen zurück und ermöglichen mehr Tiefe im Team, obwohl zuletzt ja sogar noch Kenny Ogbe, Max DiLeo, Charles Manning und du selbst gar nicht mit dabei waren. Was erwartest du von der verbleibenden Saison, die möglicherweise noch ein bisschen länger andauern kann, als es viele noch vor einigen Wochen gedacht haben?
Es fühlt sich für mich ein bisschen an wie: The sky is the limit! Mit diesem Team, mit dieser tiefen Rotation ist viel möglich. Wenn wir all unsere Qualitäten über 40 Minuten auf das Parkett bringen können, dann sind wir in der Lage, in dieser Liga jeden zu besiegen. Wir können diese Saison zu einem erfolgreichen Ende bringen, die letzten Spiele wiesen in die richtige Richtung.
Es könnte also ein kleiner „Schocken wir die Liga“-Moment werden?
Ich war letztes Jahr in Japan, aber ich habe die Geschichte mit Ulm mitbekommen. Die lagen in der Tabelle nicht in der besten Position und waren am Ende Deutscher Meister.
Und es ist nicht ausgeschlossen, dass andere noch in Schwierigkeiten geraten. Wer hätte vor einigen Wochen gedacht, dass die EWE Baskets eine echte Chance auf den Heimvorteil in der ersten Play-In-Partie haben könnten …
Es könnte sich als Vorteil erweisen, dass wir das tiefste Tal bereits in der Saison durchschritten haben – da sollte man schnell auf Holz klopfen, dass jetzt alles gut geht. Wir sollten nun einen Lauf hinlegen und das positive Momentum mit in die nächsten Wochen nehmen.
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Zu meinem Basketball-Background: Als wenig erfolgreicher Spieler hatte ich lange Zeit großes Interesse am aktiven Tun, allerdings beschränkt sich meine Liebe zu diesem Sport inzwischen auf die Besuche in den Hallen und Arenen und die entsprechende Arbeit an der Tastatur. Von 2004 bis 2014 habe ich die Medien- und Öffentlichkeitsarbeit der EWE Baskets Oldenburg geleitet, seitdem beschäftige ich mich mit dem Club im Speziellen und dem Basketball im Allgemeinen als freier Journalist – unter anderem für die easyCredit Basketball Bundesliga oder in diesem Blog. Was ich sonst noch so mache: hier entlang.