Mit großen Erwartungen in die Saison gestartet, zwischenzeitlich Niederlage an Niederlage gereiht und schließlich den Trainer aus dem Amt genommen – was nach den EWE Baskets Oldenburg 2021/2022 klingt, beschreibt in diesem Fall die Veolia Towers Hamburg. Vor dem Sonntags-Gastspiel an der Hunte rangiert der Club von der Elbe mit acht Siegen aus 23 Partien auf dem 13. Tabellenplatz. Vier Siege Rückstand auf einen Playoffrang, drei Siege Vorsprung auf den ersten Abstiegsplatz: Die Ausgangslage für die Towers ist nicht so prekär wie die in Oldenburg zum gleichen Zeitpunkt der Vorsaison, zufriedenstellend allerdings ist das alles natürlich auch nicht.
Man muss wohl konstatieren: Die Hamburger können sich im Grunde schon mit den Vorbereitungen auf die kommende Saison befassen. In den verbleibenden elf Spielen werden sie weder unter die ersten Acht springen noch bis auf den 17. Platz abstürzen. Eine Saison zum Vergessen wird es unter dem Strich aber allemal bleiben.
Das Projekt Towers ist noch immer ein sehr junges. 2014/2015 gab der Club sein Debüt in der Zweiten Bundesliga ProA, nachdem die ursprüngliche Idee, sich für eine BBL-Wildcard zu bewerben, nicht weiter verfolgt worden war. Angestoßen unter anderem von den ehemaligen Bundesligaspielern Marvin Willoughby und Pascal Roller, kam das Programm ins Rollen und brachte Hamburg zurück ins Rampenlicht. Gänzlich unbekannt war Bundesliga-Basketball in Hamburg nicht: Der BC Johanneum gehörte von 1999 bis 2001 der BBL an. Ruhmreich verlief diese Etappe allerdings nicht …
Das aktuelle Kapitel hingegen riecht deutlich mehr nach einer Erfolgsgeschichte, wenngleich Rückschläge dazu gehör(t)en. Die Towers schafften 2019 unter Regie von Trainer Mike Taylor den Sprung in die Bundesliga, gewannen in der durch die Corona-Pandemie durcheinander gewürfelten Spielzeit nur drei von 20 Spielen. Glück für die Towers: Es gab keinen Absteiger.
2020 verpflichteten die Hamburger, bei denen Marvin Willoughby als Geschäftsführer und Sportdirektor nach wie vor eine wichtige Rolle spielt, Pedro Calles als Trainer. Mit ihm stießen sie in neue Dimensionen vor und erreichten erstmals die Playoffs; gegen den späteren Meister ALBA BERLIN war mit 0:3 im Viertelfinale Endstation. In der Folgesaison gelang erneut der Sprung in die Meisterrunde, zudem spielte der Club im Eurocup. Sportlich sah sich Hamburg nun etabliert, eine Niederlage musste man aber dennoch verkraften: Headcoach Calles wechselte nach zwei Jahren von der Elbe an die Hunte.
Die Towers präsentierten sich mit ihren vielen neuen Spielern zu Beginn der Saison 2022/2023 zunächst in aussichtsreicher Verfassung. In den ersten vier Begegnungen in der Liga erzielten sie drei Siege, darunter ein 81:78 gegen den FC Bayern München. Im Pokal war zwar gegen Ludwigsburg in der ersten Runde Schluss, im Eurocup allerdings gelangen zwei Erfolge in den ersten drei Spielen.
Und dann begann der große Schlamassel.
In den folgenden zwölf Pflichtspielen glückte nur noch ein Sieg im Eurocup. In der Liga wurden die Hamburger durchgereicht. Der neue Trainer Raoul Korner, zuvor in Bayreuth aktiv, musste inmitten des Negativstrudels seinen Posten räumen. Benka Barloschky, der als Spieler auch kurzzeitig im Nachwuchs der EWE Baskets Oldenburg gespielt hatte, übernahm zunächst vorübergehend und schließlich endgültig das Amt des Headcoaches.
Der Schlamassel aber setzte sich fort.
Auch unter Barloschky blieben die Erfolgserlebnisse vorerst aus. Das Team präsentierte sich zwar wieder lebendiger, kam zwischen dem 11. Januar und 8. März aber nur zu einem einzigen Sieg. Bonjour tristesse in der Elbmetropole. Zuletzt fuhren die Towers in sechs Spielen drei Erfolge ein, unter der Woche unterlagen sie im Eurocup Hapoel Tel Aviv mit 85:91.
Die Verantwortlichen haben nichts unversucht gelassen, um aus einer verheerenden zumindest noch eine passable Saison zu machen. Nicht nur auf der Position des Trainers wurde gewechselt, auch im Team herrscht ordentlich Bewegung. Anthony Polite, Jordan Davis (der aktuell verletzt ist) und Ryan Taylor wurden nachverpflichtet, während Topscorer Kendale McCullum vor Kurzem die Mannschaft Richtung Litauen verließ.
Headcoach Barloschky hat in den vergangenen Wochen mit seiner Truppe durchaus auch positiv aufhorchen lassen. So gelang den Hanseaten beispielsweise ein 89:70 in München, und auch das Auftreten der dezimierten Mannschaft in Tel Aviv am vergangenen Dienstag inklusive Ankunft in den frühen Morgenstunden des Spieltags nährt die Hoffnungen auf ein zumindest erträgliches Ende der Saison.
Was die EWE Baskets aus der Saison 2021/2022 und die Veolia Towers Hamburg aus der aktuellen Spielzeit eint: Die individuelle Klasse reicht am Ende in dieser Liga aus, um den Klassenerhalt zu schaffen. Dass ein solcher in Hamburg nicht als großer Erfolg gefeiert wird, dürfte klar sein; der Umstand, den Totalschaden verhindert zu haben, dürfte aber bei allen Beteiligten nach dem 34. Spieltag die Sinne geschärft haben. Denn genau wie in Oldenburg im Vorjahr ist auch in Hamburg klar: Eine solche Saison darf sich nicht wiederholen.
Mehr über die Towers: www.hamburgtowers.de