Torben Rosenbohm

Freier Journalist aus Oldenburg

Oldenburg gegen Ludwigsburg: Fortsetzung folgt?

Die Vorfreude auf die Playoffs gehört für Basketballfans einfach dazu. Die beste Zeit des Jahres wird sie aus vielen guten Gründen gerne genannt, denn nach der regulären Saison beginnt tatsächlich eine neue Zeitrechnung mit dem Besten, was die Liga zu bieten hat. Was in den 34 Spieltagen zuvor passiert ist: Das ist nun alles Geschichte. Stattdessen: mehr Emotionen, mehr Dramatik, eine größere Bedeutung einzelner Spiele.

Das alles führt gelegentlich aber auch zu konträren Erlebnissen. Bestes – oder aus deren eigener Sicht: schlechtestes – Beispiel: die Berliner und ihre irritierende 64:88-Niederlage gegen ratiopharm ulm am Wochenende. Der amtierende Deutsche Meister fand gegen zwischenzeitlich furios aufspielende Gäste irgendwann gar kein Mittel mehr. Fast 10.000 Fans betrachteten einen 22:0-Lauf des Hauptrunden-Siebten mit einer ausgeprägten Fassungslosigkeit. Die Mission Titelverteidigung steht schon am Mittwoch in Ulm auf wackeligen Beinen.

Am Dienstag steigen nun auch die EWE Baskets Oldenburg nach einjähriger Abstinenz wieder in das Playoffrennen ein. Gegner im Viertelfinale: die MHP RIESEN Ludwigsburg. In den Verlautbarungen vor dem ersten Tipoff wurden Trainer, Spieler und sportliche Leitung nicht müde zu betonen, wie schwierig die Herausforderungen werden kann.

Ihnen ist zuzustimmen, in mehrfacher Hinsicht.

Dreimal haben die Oldenburger sich in dieser Saison schon mit den Barockstädtern gemessen, dreimal gingen sie als Sieger vom Parkett. Die EWE Baskets setzten sich in der Hinrunde in Ludwigsburg durch, bezwangen die RIESEN im Pokal-Halbfinale und schließlich auch im Rückspiel in Oldenburg. Fortsetzung folgt? Ein Selbstläufer gar?

Von wegen. Gerade das Liga-Hinspiel und der Pokal-Showdown zeigten nämlich auch: Man kann gegen diese Ludwigsburger schnell auf die schiefe Bahn geraten. In Ludwigsburg führte die Mannschaft von Trainer Josh King in der ersten Halbzeit mit 18 Punkten, im Pokal lag das Team zu Beginn der zweiten Halbzeit mit 16 Zählern in Front. Nicht auszuschließen, dass mit nur einem Treffer hier und einem defensiven Stopp dort die Aufholjagd der Oldenburger eben nicht mehr realisierbar gewesen wäre.

Yorman Polas Bartolo und die Ludwigsburger brennen auf Revanche gegen Kenny Ogbe & Co. Bild: Ulf Duda/fotoduda.de

Grundsätzlich scheinen Kapitän Yorman Polas Bartolo und seine Kollegen also durchaus zu wissen, wie man die Oldenburger ärgern kann. Dass sie das bislang noch nicht zu einem guten Ende haben führen können, dürfte die Motivation nicht verkleinert haben, es jetzt endlich umzusetzen.

Damit in den ersten beiden Spielen dieser Serie am Dienstag und Donnerstag keine Fassungslosigkeit wie in Berlin herrscht, müssen die EWE Baskets mit höchster Konzentration zu Werke gehen und stets kühlen Kopf bewahren. Der defensive Druck der Ludwigsburger ist nämlich absolut dazu angetan, Nervositäten zu befördern und die Fehlerquote beim Gegner in die Höhe zu schrauben. Wer unter diesem Dauerfeuer die Ruhe verliert, gerät in eine ungünstige Position.

Einen guten Job haben die Niedersachsen in dieser Hinsicht beim Heimspiel Ende April erledigt. Dort zogen sie fast über die gesamte Spieldauer ihren Plan durch, ließen sich explizit nicht aus der Ruhe bringen und sorgten genau in den Momenten für die Vorentscheidung, als Ludwigsburg selbst aus dem Takt geriet. Aufmerksame Beobachter haben sehr wohl wahrgenommen, dass sich die RIESEN untereinander an diesem Tag nicht durchgehend blendend verstanden …

Die individuelle Qualität ist derweil unbestritten. Es geht los bei den Guards, wo Prentiss Hubb (durchschnittlich 16,0 Punkte und 5,9 Assists pro Partie) offensiv die meiste Aufmerksamkeit auf sich zieht. Gefahr strahlen auch Jhonathan Dunn (13,8 Punkte) und Will Cherry (9,7 Punkte und 4,9 Assists) aus. Vor allem Dunn ist bei 40,4 Prozent Dreierquote ein Akteur, den man besser nicht heiß laufen lässt. Die Oldenburger Guards müssen bereit sein, dieses Trio möglichst nicht zur Entfaltung kommen zu lassen. Nicht vergessen darf man zudem Jacob Patrick, der bislang auf 5,9 Zähler kommt und 40 Prozent seiner Dreier versenkt.

Will Cherry zählt bei den RIESEN zu den Spielern, die man besser nicht heiß laufen lässt. Bild: Ulf Duda/fotoduda.de

Auf den Flügeln sorgt Routinier und Teamkapitän Yorman Polas Bartolo für ordentlich Betrieb. Er überzeugt nicht nur offensiv (10,5 Punkte), sondern besticht durch leidenschaftliche Defensivarbeit. Der gebürtige Kubaner mit deutschem Pass wurde nicht zufällig mehrfach als bester Verteidiger der Basketball-Bundesliga ausgezeichnet. Auch seine Kollegen Shonn Miller (9,0 Punkte) und Justin Johnson (8,7) strahlen Gefahr aus, während der nachverpflichtete Sam Waardenburg im Schnitt bei rund zehn Minuten Spielzeit offensiv eher unauffällig auftritt (4,5 Punkte).

Last but not least stehen Josh King zwei weitere Big Men zur Verfügung, gegen die Oldenburgs lange Garde auch mit Blick auf das Foulmanagement klug agieren muss: Eddy Edigin (5,3 Punkte und 3,9 Rebounds) sowie Jonathan Bähre (4,4 Punkte und 3,1 Rebounds). Nicht mehr zum Einsatz kommen wird Jeff Roberson, der im Verlauf der Saison einen Kreuzbandriss erlitt.

Die MHP RIESEN erlebten eine Saison mit Höhen und Tiefen. In der Champions League verpassten sie den Sprung unter die besten 16 Teams – dabei gaben sie im entscheidenden dritten Spiel gegen Limoges eine 20-Punkte-Führung aus der Hand. In der Bundesliga wiederum blieben sie bis kurz vor Saisonende ein heißer Anwärter auf den vierten Platz, doch ein durchwachsener Endspurt mit nur vier Siegen aus den letzten zwölf Spielen verhinderte den Heimvorteil. Und eben der ist ein echtes Pfund der Baden-Württemberger: 14 von 17 Spielen daheim gewannen sie, in der Fremde hingegen lautete die Liga-Bilanz 5:12.

Aber auch für diese Zahlen gilt: alles Geschichte.

Trainer Josh King erhielt kurz vor den Playoffs einen neuen Vertrag. Bild: Ulf Duda/fotoduda.de

Pünktlich vor den Playoffs beendeten die Verantwortlichen um den ersten Vorsitzenden Alexander Reil übrigens die Diskussionen um Headcoach Josh King. Während bereits über mögliche Nachfolger spekuliert worden war, statteten die RIESEN ihn mit einem neuen Vertrag bis 2024 aus. Vielleicht weckt auch das neue Kräfte bei allen Beteiligten? Meine Prognose: Die Serie zwischen Oldenburg und Ludwigsburg wird nicht nur durch physische Robustheit entschieden, sondern auch und gerade im Kopf. Angesichts der Entwicklung der beiden Teams im letzten Saisondrittel sehe ich die EWE Baskets im Vorteil. Und nun: Es kann losgehen!


Der Beitrag hat dir gefallen? Das würde mich freuen. Verbesserungsvorschläge kannst du per E-Mail an mich senden. Und wer sich mit einem kleinen Betrag finanziell beteiligen und mich bei der Weiterentwicklung dieser Seite unterstützen möchte, kann das unter diesem Link per PayPal tun. Danke für dein Interesse an meinem Blog!