Torben Rosenbohm

Freier Journalist aus Oldenburg

Deane Williams verspricht harte Arbeit – und den einen oder anderen Dunk

Deane Williams (Bild oben: Ulf Duda/fotoduda.de), am 23. September 1996 in England geboren, hat im Sommer einen Vertrag beim Basketball-Bundesligisten EWE Baskets Oldenburg unterschrieben. Zuvor war er eine Saison lang bei den Telekom Baskets Bonn aktiv. Und was war das für ein Jahr für den noch 26-Jährigen: Die Rheinländer gewannen die Fiba Champions League und zogen in der easyCredit Basketball Bundesliga ins Finale ein, wo sie ratiopharm ulm mit 1:3 unterlagen. In 61 Pflichtspielen kam er auf durchschnittlich 6,8 Punkte und 3 Rebounds und leistete für das Team weit mehr, als sich in bloßen Zahlen ablesen lässt.

Nach der Rückkehr aus dem Trainingslager in Serbien nahm sich der 2,03 Meter große Flügelspieler Zeit, um über die Saison in Bonn und seine Erwartungen an die neue Spielzeit zu sprechen.

Deane, bevor wir uns den EWE Baskets Oldenburg widmen, möchte ich mit dir noch ein bisschen über deine vergangene Saison in Bonn sprechen. Ihr habt die Champions League gewonnen und seid Vizemeister in der easyCredit BBL geworden. Man kann sagen: Du warst Teil von etwas ganz Speziellem. War es das beste Jahr deiner Basketballkarriere?

Ja, ganz eindeutig – zu 100 Prozent! Ich gebe zu: Ganz am Anfang wirkte es nicht unbedingt wie etwas Spezielles. Aber dann wurde uns doch rasch deutlich, dass wir eine Gruppe von Leuten zusammen hatten, die bereit war, wirklich alles zu tun; egal, um was es ging. Wir sind jeden Tag zusammen gekommen und haben uns buchstäblich den Hintern aufgerissen. Und dann haben wir geschaut, was dabei herauskommen kann. Und die Ergebnisse haben uns bestätigt: Wir haben die Champions League gewonnen, wurden in der Liga Erster, landeten im Finale, erzielten Rekorde – wir haben Geschichte geschrieben. Das war definitiv das beste Basketballjahr meines Lebens! Ein Jahr des außergewöhnlichen Wachstums, und das trotz aller Probleme, die einem physisch und mental in solch eine Saison begegnen. Nichts davon würde ich anders machen wollen.

War es eine Mischung aus harter Arbeit und einer Portion Glück, die man für eine solche Entwicklung vielleicht auch benötigt? Es ist schließlich nicht immer planbar, dass wirklich alle gut zusammenpassen.

Meiner Meinung nach basierte das alles ganz eindeutig und vor allem auf der harten Arbeit, die wir investiert haben. Die Trainer haben einen exzellenten Job bei der Spielerauswahl gemacht und dabei richtig tolle Menschen zusammengebracht. Wir waren eine Gruppe, mit der die Coaches sehr gut arbeiten konnten. Alle waren bereit, wirklich zuzuhören und das anzuwenden, was sie ihnen mit auf den Weg gegeben haben. Keiner hat hier sein Ego in die Halle mitgebracht oder geglaubt, es in irgendeiner Form besser zu wissen. Es wurde nichts in Frage gestellt und wir haben alles das umgesetzt, was von uns gefordert wurde. In manchen Punkten mag man von Glück sprechen, aber für uns hat es sich wie das Ergebnis von sehr harter Arbeit angefühlt.

Gab es einen bestimmten Moment oder ein spezielles Spiel, nach dem du gedacht hast: Das hier kann etwas Großes werden?

Es war eine Entwicklung. Wir sind immer im Hier und Jetzt geblieben, haben weder vor- noch zurückgeschaut. Im Grunde wollten wir in wirklich jedem einzelnen Training der Perfektion so nahe wie möglich kommen. Wir haben uns tatsächlich nicht so sehr damit beschäftigt, ob wir nun gewonnen oder verloren haben; wir wollten einfach nur stets sehr gut spielen. Wenn du immer gut trainierst, wenn du immer gut spielst: Dann gewinnst du meistens auch. Das ist das ganze Geheimnis.

War es unter euch Spielern irgendwann Thema, dass die Telekom Baskets vor der vergangenen Saison schon acht Mal in einem Finale gestanden – und acht Mal verloren haben?

Eigentlich nicht. Wir haben das alles als unsere ganz eigene Erfahrung verstanden. Das hat uns alle sehr eng zusammengebracht. Es war unser Team, unsere Identität, unser Charakter – und darauf haben wir unser Fundament gegründet. Natürlich gibt es diese Club-Historie, aber wir haben uns schlicht darauf konzentriert, alles zu tun, was uns möglich war. Die Fans hätten gewiss gerne die Meisterschaft mit uns gefeiert, aber der Titel in der Champions League war ja auch ein großer Erfolg.

Im Saisonverlauf mehrten sich die Gerüchte, dass Coach Tuomas Iisalo nach Paris wechseln könnte. Habt ihr euch von diesen Dingen in irgendeiner Form ablenken lassen oder ist das einfach das übliche Hintergrundrauschen?

Das hat uns nicht interessiert. Was auch immer Tuomas tatsächlich zu welchem Zeitpunkt entschieden hat: Am Ende werden gelegentlich auch entsprechende Gerüchte gestreut, um Teams aus dem Tritt zu bringen. Ich sagte es ja eben: Wir sind immer bei uns und im jeweiligen Moment geblieben. Und am Ende sind wir alle reif genug, um all das Gerede darüber, wer möglicherweise zu welchem Club wechselt, auszublenden und einfach hinzunehmen. Das alles hatte keine Relevanz – wichtig war immer nur das nächste Training oder das nächste Spiel. Und das kam uns ja auch erst gegen Ende der Saison entgegen, wo wir alle längst realisiert hatten, dass wir Teil von etwas ganz Speziellem waren. Entsprechend wollten wir den Erfolg nicht durch etwaige Eifersüchteleien oder irgendwelches Gerede gefährden.

Von den Gerüchten um Coach Tuomas Iisalo ließen sich die Bonner laut Deane Williams nicht aus der Ruhe bringen. Bild: Ulf Duda/fotoduda.de

Letzte Frage zu deinem letzten Club: Das Bonner Erfolgsteam ist schließlich komplett auseinandergebrochen. Hat dich diese Entwicklung überrascht?

Ja und nein. Jeder Spieler und jeder Trainer hat seine Ziele und Vorstellungen. Jeder möchte sein Potenzial bis zum Maximum ausreizen. Und wenn du dann den jeweiligen Standort nicht mehr als den ansiehst, an dem du diese Entwicklung fortsetzen kannst und sich andere Möglichkeiten auftun, muss man darüber nicht mehr lange nachdenken – das betrifft das Basketballerische, aber auch das Finanzielle. Seien wir ehrlich: Auch Basketball ist am Ende ein Business. Also musst du als Spieler einerseits die beste Entscheidung mit Blick auf den Basketball, aber auch mit Blick auf das Finanzielle treffen. Es geht darum, sich in die möglichst beste Position zu versetzen. Die Zeit in Bonn ist vorbei, aber ich bin mir sicher, dass wir uns alle irgendwo mal wieder auf dem Court begegnen.

Mal schauen, wie sich die Dinge nun in Paris entwickeln, wo Coach Iisalo mit sechs Spielern aus eurem Erfolgsteam durchstarten möchte. Aber zurück zu dir: Du bist in Großbritannien geboren und hast später in den USA am College gespielt. Magst du einen kurzen Abriss liefern, wie deine Entwicklung als Basketballer abgelaufen ist?

Wenn ich mich richtig erinnere, dann ist das mit dem Basketball in meinen letzten beiden Highschool-Jahren eine richtig ernsthafte Angelegenheit geworden. So mit 14, 15 Jahren habe ich einen großen Wachstumsschub gemacht und musste mich zwischen Fußball und Basketball entscheiden. Da erschien mit Basketball als bessere Wahl. Ich habe dann eine Basketballakademie besucht und Gas gegeben. Das hat sich so gut entwickelt, dass ich das Angebot eines Stipendiums erhielt und mich in den USA weiterentwickeln konnte. Ich ging also mit 18 Jahren rüber und bekam erst einmal einen kleinen Kulturschock. Nicht nur, was den Lifestyle betraf, sondern auch in Sachen Basketball. Die Art zu spielen war gänzlich anders. Es standen viel mehr Athletik und das schnelle Spiel im Mittelpunkt, hier in Europa geht es wesentlich methodischer und oft auch langsamer zur Sache. Das erwies sich aber als gute Umstellung und es tat meinem Spiel gut, ein wenig Geschwindigkeit hinzuzugewinnen. Ich lernte, mir selbst Würfe zu kreieren. Es waren vier tolle Jahre, um als Basketballer und auch als Mensch zu wachsen. Man lernt sehr viel über sich selbst.

Dann bist du wieder nach Europa zurückgekehrt.

Richtig, ich habe meinen ersten Vertrag dann in Island unterschrieben. (lacht) Das war, sagen wir: interessant. Aber: Mein Traum, professionell als Basketballer zu spielen, ging in diesem Moment in Erfüllung. Ich nahm also die erste Möglichkeit an, die mir angeboten wurde. Ich spielte dort die erste Saison, dann kam Covid. Ich habe meinen Vertrag verlängert, in diesem Moment wusste ja keiner so recht, wie sich der Basketball-Markt in Pandemiezeiten entwickeln würde. Wir erreichten das Finale, verloren dort allerdings. Anschließend ging es in der zweiten französischen Liga weiter, wo ich bei dem Team landete, von dem Parker Jackson-Cartwright nach Bonn gewechselt war. Es war ein weiteres gutes Jahr, in dem ich wieder viel über mich selbst gelernt habe. Und dann kam ich nach Bonn, mit den bekannten Ergebnissen. Aber: letzte Saison ist letzte Saison, jetzt bin ich hier! Insgesamt würde ich sagen: eine steile Entwicklung, wenn man auf meine Profijahre schaut. (lacht)

Gibt es bei dir als Engländer eine typisch britische Seite?

Ich genieße tatsächlich gerne eine Tasse Tee. (lacht)

Kommen wir nun zu deinem neuen Team, den EWE Baskets. Wie sahen deine Optionen im Sommer aus und warum wurde es am Ende Oldenburg?

Es gab schon die eine oder andere Option, aber ich habe meinen Fokus ganz klar auf die Möglichkeit in Oldenburg gerichtet. Das hat nicht zuletzt damit zu tun, dass ich hier auf ein durchaus ähnliches Spielsystem treffe, das ich aus der Vorsaison gewohnt bin. Daher habe ich von Anfang an mit einem sanften Übergang gerechnet. Hinzukommt Coach Pedro Calles, den ich nicht zuletzt aus den Spielen gegen Bonn kenne. Er ist ein sehr leidenschaftlicher Trainer, der den Wettstreit liebt. Wir haben mehrmals in der Vorbereitung und zweimal in der Saison gegen Oldenburg gespielt. Es war, auch wenn manches Ergebnis das anders erscheinen lässt, selten leicht. Die EWE Baskets haben uns immer richtig ans Arbeiten gebracht. Willige Spieler, leidenschaftliche Trainer, große Ziele: klingt alles gut!

Du bist nun seit einigen Wochen hier. Wie ist dein Eindruck vom Club und von der Stadt?

Hier geben wirklich alle Beteiligten alles, um alle Ablenkungen vom Sportlichen fernzuhalten. Meine Frau ist schwanger, und das ist schon eine herausfordernde Situation. Sobald irgendetwas bei uns zuhause in Ordnung gebracht werden muss, geschieht das immer sofort und unmittelbar. Ich muss einen Wunsch nur einmal aussprechen, und sofort kümmert sich jemand. Das bedeutet für mich: Ich kann in Ruhe zum Training gehen und muss mir über nichts anderes Gedanken machen. Und wenn wir Tipps benötigen, wie wir unsere Zeit abseits des Trainings am besten verbringen können, dann bekommen wir auch entsprechende Informationen. Es ist keine wirklich große Stadt, aber es gibt hier viele schöne Ecken und Möglichkeiten. Erinnert mich ein wenig an meine Heimatstadt.

Ihr seid einige Tage im Trainingslager gewesen. Was denkst du über die Entwicklung – auf dem Parkett, aber auch abseits davon?

Es war eine gute Zeit, auch um als Gruppe zusammenzuwachsen. Da ist es tatsächlich durchaus hilfreich, praktisch an einem ganz anderen Ort, in diesem Fall in Serbien, als Mannschaft isoliert zu sein. Wir haben sportlich zwar nicht die Ergebnisse erzielt, die wir uns erhofft hatten, aber für den Wachstums- und Lernprozess war es eine sehr gute Phase. Es ist doch so: Man kann zwar viele talentierte Spieler haben, für den Erfolg kommt es aber ja auf eine funktionierende Mannschaft an. Und in dieser Hinsicht war es ein sehr guter Trip. Wir haben sehr viel gelernt; nicht nur, wie wir zusammen Basketball spielen, sondern auch, wie wir abseits des Courts miteinander umgehen. Wir sind nicht nur als Mitspieler, sondern auch als Freunde enger zusammengewachsen. Das ist elementar! Es gibt in einer Saison Momente, in denen es wichtig ist, offen mit Freunden über wichtige Dinge zu sprechen. Das macht es leichter, wenn man mehr ist als „nur“ Teamkollegen.

Die Spiele gegen Oldenburg gaben Deane Williams in der Vorsaison einen Eindruck von dem, was ihn nun als Teammitglied erwartet. Bild: Ulf Duda/fotoduda.de

Was dürfen die Fans in dieser Saison von den EWE Baskets erwarten?

Sie sollen ein Team erleben, dass immer hart arbeitet. Man kann nicht jedes einzelne Detail vorab versprechen, aber was man immer wahrnehmen soll: Wir reißen uns den Hintern auf.

Und auf was dürfen sie sich freuen, was du ihnen liefern kannst? Genau das?

Ja, ganz genau. Und vielleicht den einen oder anderer Dunk. (lacht)

Die es in der letzten Saison ja tatsächlich gegeben hat! Siehst du in deinem Spiel Bereiche, in denen du dein Potential erst noch ausreizen musst?

Ich möchte es einfach halten und vor allem konstant sein. In der Defensive bin ich ohnehin immer bereit, in der Offensive möchte ich meine Würfe treffen und noch mehr für andere kreieren. Nichts Komplexes also, das ist auch gar nicht meine Aufgabe; ich möchte einfach meine Rolle ausfüllen.

Du hast mit Bonn großartige Erfahrungen in der Champions League gemacht, inklusive umjubeltem Titelgewinn. Wie wichtig ist dir die Teilnahme an einem internationalen Wettbewerb?

Ich halte das für sehr wichtig. Du spielst dort gegen verschiedene Basketball-Stile, außerdem kommen dir viele richtig gute Basketballer entgegen. Man kann in beiden Wettbewerben jeweils von dem profitieren, was man im jeweils anderen gelernt und angewendet hat. In der Bundesliga gibt es viele Teams, die superschnellen Basketball aufs Parkett bringen – in der Champions League gibt es solche, die genau das Gegenteil machen. Und auch wir, die ja schnell spielen wollen, können daraus unsere Schlüsse ziehen und vielleicht auch mal eher langsamer und taktischer agieren, wenn es notwendig ist. Hinzukommen die unterschiedlichen Trainer, die teilweise schon viele, viele Jahre aktiv sind. Es wird eine tolle Herausforderung.

Ich gehe davon aus, dass du die Basketball-Weltmeisterschaft verfolgt hast. Haben dich die Resultate überrascht?

Nein! Schau dir die ganzen großen Basketball-Nationen in Europa an mit all ihren großartigen Spielern, die immer wieder auch NBA-MVP waren und sind. Das geht doch schon seit Jahren so. Ich bin also wirklich nicht überrascht, aber ich bin sehr glücklich darüber, dass Deutschland den Titel gewonnen hat. Das verschafft diesem Sport hier die verdiente Anerkennung und Aufmerksamkeit.

Wie weit ist aus deiner Sicht der britische Basketball von diesem Niveau entfernt? Du selbst hast bis zur U20 für die Nationalmannschaft gespielt.

Das ist schwer zu beantworten. Vielleicht ist der Unterschied momentan vor allem hier zu finden: In Deutschland glauben die Verantwortlichen wirklich daran, dass sie im Vergleich mit den Großen nicht nur mithalten, sondern auch erfolgreich sein können. Da habe ich in Großbritannien meine Zweifel: Glauben die Leute wirklich daran, im Basketball wettbewerbsfähig zu sein? Es ist ja so: Wir haben die 3×3-Competition gewonnen, und das zeigt ja, dass da etwas sein muss, worauf man aufbauen könnte. Es hapert also wohl eher an den Strukturen und organisatorischen Abläufen. Aber: Basketball in Großbritannien wächst, und es tut sich etwas. Ich habe schon Stimmen vernommen, die sagen: Irgendwann klappt es mit dem Durchbruch, und dann beweisen wir allen, wie gut wir sein können.


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