Torben Rosenbohm

Freier Journalist aus Oldenburg

Ein Abgang, viele Verletzungen und frische Hoffnung: Eine Hinrunde wie keine andere

Mit großer Wahrscheinlichkeit war es bei den EWE Baskets Oldenburg noch nie so kompliziert, ein adäquates Fazit der Hinrunde zu ziehen.

Die Fakten vor der ersten Partie der Rückrunde: Im Pokal strichen die Niedersachsen im Achtelfinale die Segel, in der Champions League verpassten sie als Gruppenletzter das Weiterkommen, in der easyCredit Basketball Bundesliga rangieren sie mit 8:9 Siegen auf dem zehnten Platz. Würde man die Hintergründe der laufenden Saison ausblenden, müsste man konstatieren: Das ist herzlich wenig.

Nur: Die Hinrunde der Spielzeit 2023/2024 war alles andere als gewöhnlich.

Dass sich einer der Neuzugänge für das angedachte Gesamtkonzept als qualitativ nicht ausreichend erwies, darf dabei noch am ehesten als normale Entwicklung verstanden werden. Kyle Foster sollte den Oldenburgern mehr Gefahr bei den Distanzwürfen bescheren, allerdings gelang ihm ein zufriedenstellender Arbeitsnachweis einzig im Eröffnungsspiel in Braunschweig. Danach rauschten seine zählbaren Beiträge auf dem Parkett und die Spielzeit rasch in den Keller, bevor der US-Amerikaner zunächst aus dem Kader aussortiert und schließlich sogar nach Serbien transferiert wurde. Wir erleben es immer wieder, dass es schlicht nicht passt – nicht nur in Oldenburg übrigens.

Mit ordentlichen Leistungen erspielten sich die Schützlinge von Trainer Pedro Calles in den ersten Saisonwochen eine sehr gute Ausgangslage. Die vielen Expertenstimmen, die den EWE Baskets eine Führungsrolle in der Liga zugetraut hatten, schienen richtig zu liegen. Mit 5:1 Erfolgen konnte sich die Zwischenbilanz nach dem Auftakt sehen lassen.

Und dann kam alles ganz anders.

Statt über Ergebnisse wurde in Oldenburg fortan fast nur noch über Blessuren diskutiert. Zum bereits seit April pausierenden Alen Pjanic gesellten sich die verheißungsvoll in die Saison gestarteten Brekkott Chapman und Deane Williams hinzu, es folgten die Ausfälle von Kapitän Max DiLeo sowie des verlässlichen Korbschützen Charles Manning Jr. – und zuletzt verabschiedete sich auch noch Center Norris Agbakoko ins Teamlazarett. Es hat ganz gewiss nichts mit Ausreden zu tun, wenn man feststellt: Eine solche Serie an Ausfällen wirkt sich auf alle Bereiche des Teams aus – das beginnt im Training und endet bei den Spielen.

In Erinnerung bleiben aus der Hinrunde neben den vielen Verletzungen auch einige Spiele – im positiven wie im negativen Sinne. Glanzvoll war der Heimsieg gegen Bayern München, unnötig die Niederlage gegen ratiopharm ulm und in Teilen gruselig der Kollaps gegen Bonn. Auswärts irritierte die phasenweise orientierungslose Darbietung in Ludwigsburg, das zum Rückrundenstart in Oldenburg antritt. Viermal am Stück haben die EWE Baskets inzwischen gegen die RIESEN verloren …

Aus den letzten beiden Spielen der Hinrunde dürfen Team und Fans allerdings eine große Portion Hoffnung mitnehmen. Denn sowohl der ungefährdete Heimsieg gegen überforderte Göttinger als auch der bemerkenswerte Erfolg in Hamburg haben den tabellarischen Anschluss an die Playoff- und Play-In-Plätze sichergestellt. Vor allem der Auftritt in Hamburg hat gezeigt: Auch mit verkleinerter Rotation sind überdurchschnittliche Leistungen möglich.

Lukas Wank, hier beim Dunk gegen die BG Göttingen, hat sich zu einem Leistungsträger der EWE Baskets entwickelt. Bild: Ulf Duda/fotoduda.de

Ein gutes Händchen bewiesen die Verantwortlichen derweil bei den bisherigen Nachverpflichtungen. Schon der kurz vor Saisonstart hinzugeholte Lukas Wank hat längst gezeigt, welchen Wert er für die Oldenburger hat. Und auch die im Verlauf der Spielzeit angeworbenen Geno Crandall und Chaundee Brown Jr. haben die Qualität der EWE Baskets gesteigert. In dieser Woche kam auch noch Artur Konontsuk hinzu, um die Probleme bei den den Big Men zu verkleinern.

Vor der Rückrunde stellen sich mir nun folgende Fragen:

1. Wie verfährt Trainer Calles mit Youngster Joel Harms (21 Jahre) und dem gar nicht mehr so jungen Fritz Hemschemeier (25)? Beide zeigten bei ihren längeren Einsätzen gegen Göttingen (Hemschemeier) und in Hamburg (Harms), dass sie sehr wohl über den Status eines Mitläufers hinausreichen. Persönliche Prognose: Diese Minutenverteilung wird trotzdem die Ausnahme bleiben.

2. Wann kehren die Verletzten zurück und wie gelingt es Calles, sie wieder in das Teamgefüge zu integrieren? Sein von einigen kritisiertes Festhalten an taktischen Strukturen könnte sich als Vorteil erweisen, denn bei Wiedereintritt in die Rotation treffen die Rückkehrer auf sattsam bekannte Abläufe und Automatismen. Prognose: Die Rückrunde wird basketballerisch deutlich runder aussehen als die Hinrunde.

3. Zu guter Letzt: Greifen die EWE Baskets noch einmal in das Rennen um einen direkten Playoffplatz ein? Prognose: Dafür wird es nicht reichen, sehr wohl aber für die Teilnahme an der Play-In-Runde. Und dann dürften die im Idealfall wieder vollständig antretenden Oldenburger ein Team sein, gegen das keiner spielen mag.

Der Rückrundenstart hat es zunächst einmal in sich. Auf das Heimspiel am 27. Januar gegen unbequeme Ludwigsburger, die in der Champions League erfolgreich in die „Last 16“-Runde gestartet sind, folgen die Auswärtsspiele beim Tabellenzweiten Bayern München und beim Spitzenreiter NINERS Chemnitz. Alles andere als einfach – aber was ist schon einfach in dieser außergewöhnlichen Saison?


Der Beitrag hat dir gefallen? Das würde mich freuen. Verbesserungsvorschläge kannst du per E-Mail an mich senden. Und wer sich mit einem kleinen Betrag finanziell beteiligen und mich bei der Weiterentwicklung dieser Seite finanziell unterstützen möchte, kann das unter diesem Link per PayPal tun. Danke für dein Interesse an meinem Blog!

Zu meinem Basketball-Background: Als wenig erfolgreicher Spieler hatte ich lange Zeit großes Interesse am aktiven Tun, allerdings beschränkt sich meine Liebe zu diesem Sport inzwischen auf die Besuche in den Hallen und Arenen und die entsprechende Arbeit an der Tastatur. Von 2004 bis 2014 habe ich die Medien- und Öffentlichkeitsarbeit der EWE Baskets Oldenburg geleitet, seitdem beschäftige ich mich mit dem Club im Speziellen und dem Basketball im Allgemeinen als freier Journalist – unter anderem für die easyCredit Basketball Bundesliga oder in diesem Blog. Transparenzhinweis: Ganz gelegentlich verfasse ich auch Beiträge für die Website des eingetragenen Vereins Baskets4Life e.V. (2011 als Baskets Akademie e.V. gegründet), der sich in Projekten im Nachwuchsbereich engagiert (u.a. BASKita, Grundschulliga oder Streetcourts in der Region). Mehr über mich: hier entlang.