Torben Rosenbohm

Freier Journalist aus Oldenburg

EWE Baskets im März: Flirt mit der Vergangenheit, Sorgen in der Gegenwart und Pläne für die Zukunft

Es sind bewegende Wochen bei den EWE Baskets Oldenburg. Neuigkeiten abseits des Parketts ließen dabei ebenso aufhorchen wie ein teilweise grotesker Auftritt auf dem Spielfeld. Große Namen aus der Vergangenheit kamen zum Vorschein, einer von ihnen soll die Zukunft des Clubs mitbestimmen. In der taucht eine große Vision auf, doch die Gegenwart spielt den Verantwortlichen gerade Streiche. Optimisten dürfen sagen: Es wird nicht langweilig. Pessimisten konstatieren: Der Tiefpunkt steht erst noch bevor.

Ein Besucher und ein Rückkehrer

Zweimal wurden die Fans der Niedersachsen in den vergangenen Tagen an große Momente der Vergangenheit erinnert. Zum einen war das der Besuch von Club-Legende Rickey Paulding, der beim Heimspiel gegen die MLP Academics Heidelberg auf der Tribüne saß und einen ungefährdeten 99:77-Heimsieg der Oldenburger erlebte. Die Baskets präsentierten sich gegen die abstiegsgefährdeten Gäste durchaus in Spiellaune, trafen allerdings auch auf einen Gegner, der selbst bei größtmöglicher Höflichkeit an diesem Abend nicht als bundesligatauglich bezeichnet werden durfte.

Paulding gastiert regelmäßig an der Hunte, um mit Kindern und Jugendlichen in Camps zu trainieren. So auch in dieser Woche, als er in der Halle an der Hundsmühler Höhe mit Dutzenden Basketballbegeisterten Dribblings, Korbleger und Tricks einstudierte.

Ein anderer Rückkehrer ist noch nicht wieder hier, soll aber im Gegensatz zu Rickey Paulding nicht nur für Stippvisiten vor Ort bleiben: Mladen Drijencic. Der Ex-Trainer der EWE Baskets, der von März 2015 bis Januar 2022 für die Geschicke der Profis verantwortlich war und dabei einen Pokalsieg, eine Playofffinal-Teilnahme und eine verkorkste letzte Teilsaison miterlebte, gehört ab Sommer erneut zum Club. Drijencic übernimmt einen Posten im Nachwuchsbereich.

In der Pressemitteilung der EWE Baskets wurde klargestellt, dass der 58-Jährige gerade auch in Hinsicht auf den geplanten Campus eine wichtige Rolle einnehmen soll. Fest steht: Der wird kommen, wenngleich die ursprüngliche Zeitplanung nicht eingehalten werden konnte.

Ein Blick auf die Pläne, die bald auch öffentlich vorgestellt werden, zeigt: Hier entsteht tatsächlich Großes.

Mit der Verpflichtung von Mladen Drijencic, der in seiner Zeit vor dem Engagement als Profitrainer seinen Wert für den Nachwuchsbereich bereits unter Beweis gestellt hat, ist den Oldenburgern in meinen Augen ein Coup gelungen.

Sorgen in der Gegenwart

Dieser personelle Griff in die Vergangenheit mit Blick auf die Zukunft wird derzeit allerdings durch die sportliche Gegenwart getrübt.

Eigentlich sollte die Saison nach der Rückkehr der vielen Langzeitverletzten Fahrt aufnehmen. Alen Pjanic, Max DiLeo, Deane Williams, Brekkott Chapman, Norris Agbakoko: Alle kamen zurück aufs Spielfeld. Doch die Bilanz der EWE Baskets nach Auffüllen des zwischenzeitlich böse zerrupften Kaders liest sich so: hohe Niederlage in Berlin, hohe Niederlage gegen Würzburg, deutlicher Sieg gegen Heidelberg, hohe Niederlage in Bonn.

Dass die Integration der Rückkehrer unmittelbar zu einer Siegesserie führen würde, durfte einerseits niemand annehmen. Bedenklich ist andererseits allerdings das Auftreten der Mannschaft in bestimmten Phasen. Schon gegen Würzburg wirkte das Team teilweise arg konsterniert angesichts des gegnerischen Drucks, in Bonn folgte der nächste Tiefschlag.

Ein Tiefschlag mit historischen Dimensionen.

22:39 hieß es nach zehn Minuten auf dem Hardtberg. Seit die Liga ihre Daten digital erfasst – also seit 1998 – kassierten nur drei Mannschaften mehr Punkte in einem Auftaktviertel als Oldenburg am Dienstagabend.

Es lässt sich nun lange darüber diskutierten, wie so etwas zustande kommen kann. Das ändert nichts am Fakt: Genau das darf den EWE Baskets in ihrer Ausgangslage nicht passieren.

Die Herausforderungen für Trainer Pedro Calles und seine Assistenten sind vor den verbleibenden neun Spielen enorm. Spontan stellen sich viele Fragen:

  • Was ist mit DeWayne Russell und wie führt man ihn zu gewohnter Form?
  • Wann beginnen die EWE Baskets, die theoretische Idee knackiger Verteidigung praktisch umzusetzen?
  • Wann verschärft Calles während des Spiels mal nachdrücklich den Ton? In Bonn hätte ein kleines Verbalinferno vielleicht mental müde Geister geweckt.
  • Wie gelingt es, zwischenzeitliche Stützen wie Lukas Wank und Len Schoormann zurück zu bekannter Stärke zu führen?
  • Daraus folgt: Wie gehen die Oldenburger mit der breiten Rotation um und nutzen diese optimal?
  • Wer sorgt in kritischen Momenten dafür, das statische Spiel aufzubrechen? Allzu häufig verliert sich der Ballvortrag im 1-gegen-1 samt zweifelhaftem Abschluss.
  • Für was steht das Spiel der EWE Baskets? Eine sportliche Identität ist momentan schwer erkennbar.
Pedro Calles steht seit 2022 bei den EWE Baskets Oldenburg an der Seitenlinie. Bild: Ulf Duda/fotoduda.de

Was bei der sportlichen Gemengelage nicht unerwähnt bleiben darf: Verblüffend gut stehen die EWE Baskets in anderen Bereichen da. Eine breite Sponsorenschar, eine ungebremste Nachfrage nach Tickets und 23 ausverkaufte Spiele in Folge sind Ausdruck der stringenten Arbeit hinter den Kulissen. Dort leisten sich die Verantwortlichen offenkundig keine Aussetzer wie die Profis im ersten Viertel am Dienstag …

Nur: Ein Konfettiregen nach einem Heimsieg wie gegen Heidelberg kann optisch nicht die sportlichen Fragezeichen verdecken. Das Ringen um den zehnten Platz, bei dem sich ein wilder Schlagabtausch mit Braunschweig und Bamberg andeutet, könnte noch für reizvolle Momente sorgen – die finden allerdings abseits der eigentlich angepeilten Tabellenregionen statt.

Nächster Gegner: Rostock

Am Sonntag gastieren die Oldenburger bei den ROSTOCK SEAWOLVES. Dort treffen die EWE Baskets auf ihre eigene Vergangenheit: Headcoach ist Christian Held, der in Oldenburg zum Trainer ausgebildet wurde, Assistenztrainer ist sein Vater Ralph, der in Oldenburg deutscher Meister wurde und als Nachwuchskoordinator tätig war. Die sportliche Gegenwart ist in Mecklenburg-Vorpommern noch weitaus prekärer als in Niedersachsen: Die SEAWOLVES haben zwölfmal am Stück verloren.

Allerdings: Mehrfach waren sie ganz dicht am Sieg, unter anderem im Heimspiel gegen ALBA BERLIN. Nicht auszudenken, was eine Niederlage für die EWE Baskets ausgerechnet in Rostock bedeuten würde …

Zur Zukunft, für die in Mladen Drijencic ein Baustein gefunden wurde und die im Campus ihren nächsten Meilenstein erleben wird, gehört unterdessen in Oldenburg auch – und gerade – die sportliche. Und damit die Frage, ob die Ära von Pedro Calles, der einen Vertrag bis 2025 besitzt, tatsächlich eine wird. Zweifel sind, Stand März 2024, angebracht. Die bewegenden Wochen dürften noch eine Weile weitergehen.


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Zu meinem Basketball-Background: Als wenig erfolgreicher Spieler hatte ich lange Zeit großes Interesse am aktiven Tun, allerdings beschränkt sich meine Liebe zu diesem Sport inzwischen auf die Besuche in den Hallen und Arenen und die entsprechende Arbeit an der Tastatur. Von 2004 bis 2014 habe ich die Medien- und Öffentlichkeitsarbeit der EWE Baskets Oldenburg geleitet, seitdem beschäftige ich mich mit dem Club im Speziellen und dem Basketball im Allgemeinen als freier Journalist – unter anderem für die easyCredit Basketball Bundesliga oder in diesem Blog. Transparenzhinweis: Ganz gelegentlich verfasse ich auch Beiträge für die Website des eingetragenen Vereins Baskets4Life e.V. (2011 als Baskets Akademie e.V. gegründet), der sich in Projekten im Nachwuchsbereich engagiert (u.a. BASKita, Grundschulliga oder Streetcourts in der Region). Was ich sonst noch so mache: hier entlang.